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Bring Maya Home Now!

Auszug aus dem Artikel “Verwundetes Israel“
von Brigitte B. Nussbächer

5 x Davidstern

Der letzte Abend in Jerusalem

Am 17. April 2024, dem letzten Abend unseres 10-tägigen Israel-Besuches, sitzen wir auf unserer schönen Dachterrasse im Bezalel-Hotel in Jerusalem, aktualisieren unserer Webseite „ARC to ISRAEL“ mit Bildern und Eindrücken der letzten Tage - und genießen dabei den Sonnenuntergang.

Auf einmal hat sich die Atmosphäre geändert – die Idylle ist zerplatzt. Wir stehen vor nacktem, ungeschminkten Leid! Vorsichtig frage ich, ob sie mehr erzählen möchten und sie setzen sich zu uns.

Wir erfahren, dass Smadar Gorens Bruder Avner, mit seiner Frau Maya, und den vier Kindern bis zum 7. Oktober 2023 in Nir Oz, einem Kibbutz an der Grenze zum Gazastreifen, wohnten. Eine fröhliche Familie – zwei der Kinder auf der Universität, eines bei der Armee und das andere in der Vorbereitung für den Armeedienst.

Außer uns ist noch ein Paar da, ein stilles Paar, in schwarz gekleidet. Er mit breiten Schultern, sie schmal und zart. Was mir an ihr auffällt, sind die Haare, die seit ein paar Monaten nicht mehr nachgefärbt wurden. Da die Frau sehr gepflegt ist, frage ich mich, ob das mit einem besonderen Vorkommnis zusammenhängt.

Wegen des schönen Lichts wollen wir ein Selfie machen, da bietet der Mann uns seine Hilfe an. Wir stellen uns vor und kommen ins Gespräch. Sie, Smadar und Shlomo, erzählen, dass sie nach Jerusalem gekommen sind, um beim Oberrabbiner und beim Präsidenten Jitzchak Herzog vorzusprechen: wegen der nach Gaza entführten und dort festgehaltenen Leiche von Smadars Schwägerin, Maya.

Avner, der Familienvater, versuchte an dem Morgen im Schutzraum Sicherheit zu finden – vergebens. Die Terroristen brachen die Türe auf und töteten ihn. Maya war in der Früh im Kindergarten, um den nächsten Tag vorzubereiten. Sie war den Terroristen wehrlos ausgeliefert und wurde entführt. Shlomo sagt uns, sie hätten ein Video erhalten, über  das, was mit Maya damals geschah – aber sie zeigen es nicht und wollen nicht darüber sprechen.

Maya und Avner Goen

Die Tragödie von Nir Oz

Am 7. Oktober, zur Zeit des Massakers hielten sich Maya und Avner in Nir Oz auf.

Das 1958 gegründete Kibbutz, 2 km zu Gaza entfernt, gehört zu den am stärksten betroffenen Orten. Es gibt erschütternde Aufzeichnungen von diesem Tag, die letzte Kommunikation von verzweifelten Menschen, die nicht verstehen was geschieht, die miterleben, wie Terroristen in ihre Wohnungen eindringen, deren Häuser angezündet und damit zu Todesfallen werden. Die um Hilfe flehen, die nicht kommt.  Der Film von Elikatzoff fasst die herzzerreißenden Botschaften und bitteren Bilder zusammen (www.timesofisrael.com/kibbutz-nir-oz-as-it-happened/).
Der Ort ist zerstört, die Häuser in Trümmern oder abgebrannt. Als die Armee endlich eintraf, fand sie nur Tod, Asche und unerträglichen Schmerz vor. Von den rund 400 Einwohnern wurden 40 getötet und 79 entführt.

Man spürt ihre Tränen, aber man sieht sie nicht

Das Licht des Tages verblasst, während Shlomo und Smadar erzählen. Ihre Stimmen sind leise und sehr beherrscht. Tiefe Trauer klingt durch, aber keine Vorwürfe, keine Wut und kein Hass. Man spürt ihre Tränen, aber man sieht sie nicht.

Terasse Bezalel Hotel

Im Judentum kommt dem Umgang mit Toten eine hohe Bedeutung zu. Ein Leichnam muss respektvoll behandelt und vollständig, (d.h. alle Körperteile und auch das vergossene Blut) begraben werden, möglichst innerhalb von 24 Stunden. Nicht bestattet und den Aasfressern als Beute vorgeworfen zu werden, gehört zu den unheilvollsten Dingen, die einen Menschen treffen können (Jer 16,4). Die Schändung von Leichen gehört zu den schlimmsten Mitteln der Demütigung und der Abschreckung, weil die Möglichkeit der Erinnerung und dadurch die Erhaltung der Existenz bedroht sind.

Deshalb können die inneren Wunden der ganzen Familie nicht beginnen zu heilen, solange sie nicht wenigstens die Möglichkeit haben, Maya in Ehren zu begraben.

Was für viele aus anderen Ländern längst abgeschlossen und vergessen ist, ist in Israel nach wie vor brandaktuell. Der Schmerz um die Geiseln, die - tot oder lebendig - noch immer in den Gaza Terrortunneln gehalten werden, ist hier allgegenwärtig.

Überall hängen die Plakate, kein Gespräch, in dem es nicht auch um die Geiseln geht. Es ist, als könnte das Leben ohne ihre Rückkehr nur noch auf halber Stufe stattfinden. Wie es Smadar formuliert: „eine Tragödie, die immer noch andauert und so viele Familien zerbricht“.

Flughafen Ben Gurion

Es ist still geworden auf der Dachterrasse. Vor ein paar Stunden waren wir noch Fremde – und jetzt? Teilen wir ihr Leid und haben ein gemeinsames Erbe. 

Wir umarmen uns und vereinbaren, auch zukünftig in Verbindung zu bleiben.

Wir übergeben ihnen eine Spende. Nicht, dass sie darum gebeten hätten. Im Gegenteil: es fällt ihnen schwer, sie anzunehmen, obwohl ihre kleine Familie durch das Morden der Hamas von 5 auf 9 Mitglieder angewachsen ist. Aber es ist uns wichtig, mit Fakten zu zeigen, dass wir die Bürde mittragen.

Mayas Vermächtnis

Die Begegnung mit Smadar und Shlomo gibt unserer Reise einen sinnvollen Abschluss. Es war unser Ziel, betroffene Familien zu besuchen, ihnen beizustehen, ihre Geschichten zu erzählen und ihnen praktisch, sowie finanziell zu helfen. Dies ist unser letzter Termin: ungeplant, aber kein Zufall!

Eindrucksvoll wie kaum einer.

Dieser Artikel ist die Einhaltung unseres Versprechens. Wir geben Mayas Vermächtnis durch die Botschaft von Smadar und Shlomo  weiter an die Welt: „Vergesst nicht, was am 7. Oktober geschehen ist! Wir müssen die Hamas bekämpfen und wir dürfen nicht aufhören, bis wir sie bezwungen und unsere Geiseln befreit haben! Seid an unserer Seite!

An dem letzten Abend unseres Besuches in Israel zu Kriegszeiten, im April 2024, kommt es zu einer besonderen Begegnung, die Spuren in unseren Seelen hinterlässt und ein Vermächtnis beinhaltet.
Dieser Artikel ist die Einlösung unseres Versprechens.

Maya Goren
Shlomo und Smadar Goren

Avners Leiche konnte erst 10 Tage später identifiziert werden. Er wurde in Nir Oz, dem Kibbutz, in dem er geboren worden war und sein ganzes Leben zugebracht hatte, beerdigt.
Mayas Telefon wurde im Gazastreifen geortet … Am 1. Dezember wurde die Familie von der IDF (Israels Defense Force) benachrichtigt, dass auch Maya ermordet wurde.

Ein Ehepaar, beide 56 Jahre alt, tragisch aus dem Leben gerissen.
Vier Kinder blieben als Waisen zurück: Assif, 25, Bar, 23, Gal, 21 und Dekel, 18.

Auch sieben Monate später sind 36 Geiseln aus Nir Oz noch immer in der Gewalt der Hamas. Man weiß, dass mindestens 10 davon nicht mehr leben. Seit über 200 Tagen wartet die Familie darauf, mindestens Mayas Leiche zurück zu bekommen.

Wie soll man Pessach und Befreiung feiern, solange Geiseln in Hamastunneln gequält werden?


Im Jahr 2024 wird in Israel Pessach vom 22.-30. April gefeiert: das Fest der Befreiung. Wie sollen sie dies Fest mit den Kindern der Ermordeten begehen, wenn Mayas Leiche immer noch in Gaza ist und nicht befreit wurde?


Deshalb waren Smadar und Shlomo beim Oberrabbiner und haben einen Termin beim Präsidenten. Sie wollen dafür sorgen, dass die Befreiung der lebenden und toten Geiseln eine Priorität für die israelische Regierung bleibt. Eine Woche später (als wir schon wieder Zuhause sind) schreibt Smadar mir, dass die Termine erfolgreich waren, dass „ihnen mit großem Interesse zugehört wurde und sie mit viel Einfühlungsvermögen behandelt wurden“.

Smadar und Shlomo haben die Verantwortung für die vier hinterbliebenen Kinder übernommen, sie zu sich geholt und kümmern sich um sie. Die anderen, noch lebenden, Einwohner von Nir Oz wurden evakuiert. Sie hatten den einen Wunsch, zusammen zu bleiben, denn sie haben im Kibbuz als große Familie gelebt und werden auch weiterhin versuchen, sich gegenseitig beizustehen. Nach 7 Monaten ist völlig unklar, wie ihre Zukunft aussehen wird. Sie können nicht zurückkehren weil die ganze Gegend nach wie vor Kriegszone ist und die Hamas noch nicht bezwungen wurde...

Maya Goren

Ich danke ihnen für ihre Offenheit und frage, wie sie es ertragen können, das Geschehene immer wieder zu erzählen. Ihre Antwort ist sehr klar: "dadurch halten sie die Erinnerung an ihre Lieben lebendig und sie sehen es als ihre Pflicht an, diese Geschichte zu erzählen, weil der Kampf noch nicht vorüber ist".

Denn, was ihnen und allen Angehörigen (der Geiseln) Kraft gibt, ist zu sehen, „dass auch andere Menschen in der Welt ihren Schmerz – sowohl den privaten, als auch den nationalen – im Herzen tragen, die Tragweite dieser Tragödie des Schwarzen Schabbats verstehen und sich dafür einsetzen, dass alle Entführten zurückgeholt werden“. Sie danken uns von Herzen, dass wir ihre Geschichte weitergeben werden und damit ihren Kampf unterstützen.

Die Familie von Maya und Avner vor dem 7.10.23. Foto Smadar Goren.

Erstveröffentlichung: 1. Mai 2024

Deutsch:  Israel Heute   CSI    CFFI

Englisch:  Israel Today

Copyright ©  Brigitte B. Nussbächer; Abdruck nur nach vorheriger Genehmigung

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Am 5. Mai 2024 wäre Maya Goren 57 Jahre alt geworden. Foto privat

Shlomo & Smadar Goren. Foto privat

Familie Goren
Smadar und Avner Goren

Smadar und ihr Bruder Avner vor dem 7.10.23. Foto Smadar Goren.

Sowohl Avner als auch Maya wurden von der Hamas ermordet. Foto Smadar Goren.

Shlomo und Smadar erzählen uns die Geschichte ihrer Familie. Foto privat.

Tel Aviv

Bilder der Entführten am Ben Gurion Flughafen. Fotos privat.

Bilder der Entführten am Rothschild Boulevard Tel Aviv. Fotos privat.

Bezalel Hotel Jerusalem

Wir werden in Verbindung bleiben. Foto privat.

Möge Mayas Erinnerung ein Segen sein! Foto privat.

Wie wir das Wunder Israel erlebt haben

von Brigitte B. Nussbächer

Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.​

Vorausgegangen war eine eher mühsame Entscheidungsfindung. Israel einmal zu besuchen gehörte zur „Allgemeinbildung“ von Christen. Trotzdem hatte es mich nicht hingezogen und die Berichte derer, die von Reisen aus Israel zurück kehrten, hatten wenig dazu beigetragen, es zu ändern. Wenn sie von den sogenannten „Heiligen“ Stätten berichteten, fragte ich mich immer, was es mir denn bringen würde, diese Ruinen oder Gedenkkirchen anzusehen. Viel mehr interessierte mich, was Gott heute in der Gegenwart erlebbar machte.

Letztlich war es dann tatsächlich auch ein anderer Gedanke, der den Anstoß zu dem Besuch gab. 2018 feierten mehrere nach dem 2. Weltkrieg gegründete Staaten ihr 70. Jubiläum – darunter auch Israel. Nachdem wir Dokumentarfilme über Indien und Pakistan zu dem Thema gesehen hatten, fragte ich mich, wie wohl Israel diese 70 Jahre genutzt hatte. Im Vergleich zu den anderen Staaten musste es ungleich schwerer gewesen sein, aus dem Nichts etwas aufzubauen.  Noch 1867 hatte Marc Twain das Land als desolat, eine stille, traurige Weite ohne Mensch, Baum und Strauch bezeichnet. Was war daraus geworden?

Und so begaben wir uns auf eine geschichtliche Studienreise, was sich im Nachhinein als Volltreffer erwies. Nie hätten wir in einem Individualurlaub so viel erfahren und kennen gelernt.

Noch während wir vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv fahren, hören wir die Entstehungsgechichte dieser Stadt, von der Parzellverlosung an ein paar Dutzend Familien nördlich der jahrtausende alten Hafenstadt Jaffa im April 1909. Diese wollten auf den Sanddünen, die der niederländische Bankier Jacobus Kann gekauft hatte, die erste jüdische Stadt der Moderne bauen. Und dann fahren wir auch schon an den ersten Hochhäusern vorbei und nach Tel Aviv hinein, welches heute (rund 100 Jahre später) die modernste und weltoffenste Metropole des gesamten Nahen Ostens ist.


Im sehr originell und lebendig gestalteten Palmach Museum in Tel Aviv erfahren wir von dem beeindruckenden Kampf des jüdischen Volkes für seine Unabhängigkeit. Und von der Vorgeschichte: als die UN 1947 beschloss, das ehemalige britische Mandat in 2 Länder aufzuteilen: ein jüdisches und einen arabisches. Von dem Protest der Araber und von dem Druck, der auf die Juden ausgeübt wurde, diese Chance nicht zu nutzen. Von der Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 und von dem Angriff der 5 arabischen Länder Ägypten, Syrien, Jordanien, Irak & Libanon um Mitternacht am gleichen Tag.

Man muss sich die damalige Situation vergegenwärtigen. Ca. 650.000 Juden, viele von ihnen Holocaustüberlebende, die gerade erst das Grauen hinter sich gelassen hatten, versuchten Israel, welches als neugegründeter Staat keine Armee besaß, mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern gegen eine Mehrheit von 160 Millionen Arabern (ausgerüstet mit Panzern, Artillerie, Schützenpanzerwagen, Flugzeugen und Kriegsschiffen) zu verteidigen. Ein Verhältnis von 1 : 246!  Dabei wird einem die menschliche Ausweglosigkeit bewusst und dass das Überleben Israels ein Wunder ist.  Mit Tränen in den Augen verlasse ich das Museum. Jetzt verstehen wir, welch hohen Preis das jüdische Volk (nach der Auslöschung der 6 Millionen durch den Holocaust)  im Unabhängigkeitskrieg für seine Existenz bezahlt hat.

Umso mehr staunen wir über die Lebensfreude und Energie, die heute auf den Strassen Tel Avivs spürbar ist und die wir bei den Menschen, denen wir begegnen, erleben. Wir sehen die Fähigkeit dieses Volkes schnell aus dem Nichts etwas aufzubauen (sie haben weltweit die 2 höchste Anzahl von Start Ups), ihre Genialität Lösungen für scheinbar Unlösbares zu finden, wie zum Beispiel mit Wasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer den Wassermangel zu beheben und durch computergesteuerte Tröpfchenbewässerung Plantagen in der Wüste anzubauen. Wir sind überrascht, dass Israel die zweithöchste Akademikerquote und die dritthöchste Patentquote der Welt hat und bewundern, dass 23% aller Nobelpreisträger aus diesem kleinen Volk, dass nur 0,2 % der Weltbevölkerung ausmacht, stammen.

Wir erleben ihre Kreativität sowie ihren Sinn für Kunst und Schönheit. Israel hat gemessen an der Anzahl der Einwohner die meisten Museen und Orchester per capita und liegt auf Platz 2, was die Anzahl der verlegten Bücher anbelangt. Wer hier ein Konzert besucht, wird einem sehr hohen künstlerischen Niveau und großer Begeisterung des Publikums begegnen.

Wir streifen durch Städte, Orte, Landschaften und sind beeindruckt: unglaublich was hier in nur 70 Jahren geschaffen wurde. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist, Innovation und Durchhaltevermögen überall blühendes Leben entstehen lassen. Israel ist das einzige Land, in dem die Wüste rückläufig ist, Millionen Bäume wurden gepflanzt und entlang der Autobahn blüht tropfenbewässerter Oleander. Aus dem armen Agrarstaat ist ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung entstanden. Israel gehört heute zu den 10 einflussreichsten Ländern der Welt und liegt auch im Happiness Ranking vorne. (Siehe Grafik unten)

Je mehr Israelis wir persönlich kennen lernen, desto mehr schätzen wir ihre konstruktive Einstellung, ihre Dynamik und ihren Mut – trotz ihres bis heute andauernden Ringens um ihr Recht auf Existenz.

Wir hören von den Kämpfen im 6 Tage Krieg 1967, von der Befreiung der Altstadt Jerusalems und wie die Juden wieder Zugang zu ihrer heute heiligsten Stätte, der Westmauer, erlangten.

Und von dem „Tal der Tränen“, so benannt nach der anfänglich auswegslosen Situation im Jom Kippur Krieg 1973, als die syrische Armee mit über 1.000 Panzern im Norden Israels einbrach und von weniger als 200 Panzern auf israelischer Seite aufgehalten wurde.

Wir sehen den Wiederaufbau nach wiederholter Zerstörung, sei es nun die Hurva Synagoge in Jerusalem oder die Siedlungen in Gush Etzion.

 

Und wir nehmen wahr, dass selbst die häufigen Terroranschläge in dieser Gegend den Menschen weder die Lebensfreude noch den Lebensmut rauben können, auch wenn sie schmerzliche Verluste zu beklagen haben.

Wir erleben die „Wächter Israels“, die jungen Soldaten und Soldatinnen auf den Straßen, die für Sicherheit sorgen und lauschen den Zeugnissen von sogenannten „einsamen“ Soldaten, die freiwillig ihr Heimatland, Verwandte, Freunde und ein angenehmes Leben verlassen, um in der IDF (Israels Defence Forces) zu dienen. Tatsächlich spielt die IDF auch eine wichtige Rolle bei der Integration und der Schaffung eines gemeinsamen Nenners in der israelischen Gesellschaft.

Denn die Bevölkerungsvielfalt ist erstaunlich. Die Holocaust Überlebenden von überall aus Europa, die ca. 700.000 Juden, die nach Israels Gründung aus den umliegenden arabischen Ländern vertrieben wurden, die Einwanderung aus Afrika und die großen Aliyah-Wellen aus der ehemaligen Sowjetunion haben alle dazu beigetragen. Die Bevölkerungszahl Israels hat sich in den letzten 75 Jahren ver-14-facht (im Vergleich dazu hat sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren „nur“verdoppelt).

Am liebsten hören wir jedoch die Geschichten von jenen, die freiwillig nach Israel kamen, weil sie es als ihre Aufgaben betrachten, dieses Land aufzubauen und sich mit großer Energie dafür einsetzen.

Was uns aber am allermeisten beeindruckt – und tatsächlich auch überrascht hat - ist die intensive, innige und lebendige Beziehung, die viele Juden zu Gott haben. Da uns in den säkularen, kirchlichen und freikirchlichen Kreisen, aus denen wir stammen, die Rolle und Bedeutung von Israel und dem Judentum nicht vermittelt worden war, weder als geistliche Wurzel noch für die Zukunft, waren wir implizit davon ausgegangen, dass so eine Beziehung zu Gott nur bei Christen möglich sei. Jetzt sahen wir mit eigenen Augen wie falsch diese Annahme war.

Heute weiss ich, dank dem erschütterndem Buch „Holocaust“ von Susanna Kokkonen, dass der christliche Glaube bewusst vom Judentum differenziert wurde, seit Kaiser Konstantin der Große die Anerkennung des Christentums als rechtmässige Religion einführte, sich aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Kirche ernannte und das erste Konzil im Jahre 325 einberief. Er erklärte, dass die Juden für den Tod Jesu verantwortlich wären, also betrachtete man sie als „Gottesmöder“; verdammt und der Gnade Gottes und der Menschen unwürdig. Eine weitere Lehre dieser Zeit, die „Ersatztheologie“ besagt, dass Israel seine Rolle in Gottes Plänen verspielt hätte und die Christen nun das neue Israel seien. Die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, beziehungsweise glaubten, dass Gott diesen Bund aufgehoben hätte.

Der Einfluss dieser Lehren die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Judenverfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. Hier liegt der idelogische Ursprung von Inquisition, Progromen, Kreuzzügen und Holocaust.

Eine Konsequenz daraus war, das einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Beispiele dafür sind christliche Feste, die alle ihr Äquivalent in den jüdischen biblischen Festen haben (z.B. Passah-Ostern, Schavuot-Pfingsten, Weihnachten-Chanukka) oder auch andere Bräuche: so zum Beispiel ist die jüdische Bar Mitzwa, bei der junge Erwachsene in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen werden, das Vorbild für Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe - um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Das gleiche spiegelt sich auch in der Kunst. Wer z. B. durch die Uffizien von Florenz streift, (eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt mit Werken der Malerie und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock), stellt fest, dass es aus dem Alten Testament Bilder von Adam und Eva gibt. Das nächste große Thema ist die Ankündigung von Jesu Geburt. Alles was dazwischen liegt, ist ausgeblendet.

So sind sich viele bis heute des jüdischen Erbes nicht bewusst. Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit (und die, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich jahrelang für Derek Prince Ministries gearbeitet habe), fasste es einmal so zusammen: Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes.
Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel , keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden.

Aber obwohl wir Derek Prince persönlich begegnet waren und viel von unserem Israel-Bild von seinen Worten geprägt war, mussten wir feststellen, dass auch wir Gefangene des Denkens der Kirchenväter waren. Auch wir hatten gedacht, dass die Juden verloren sein mussten, da man ja nur durch Jesus zum Vater kommen könne und übersahen dabei geflissentlich, dass Paulus in Römer 11 eindeutig sagt, dass Gott sein Volk nicht verstossen hat (Vers 1), dass er seine Gaben nicht zurück fordert und die Zusage seiner Erwählung nicht widerruft (Vers 29).

Und jetzt waren wir in Jerusalem und begegneten dem jüdischen Volk Israel erstmalig in seinem eigenen Land.

Was für uns ganz eindeutig wurde, war, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht zu erklären sind, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurück führen. Hier in Israel war Gott überall im Alltag erlebbar.

Seit über 2000 Jahren spricht die Bibel von einem lebendigen Gott, der Israel als sein Volk auserwählte und der verhieß, dies Volk nach seiner Zerstreuung wieder in das Land seiner Vorfahren zurück zu bringen und es besonders auszustatten. Dies jedoch auf einmal mit unseren eigenen Sinnen zu sehen, zu beobachten, veränderte uns.

Als wir am Ufer vom See Genezareth sassen, kam mir der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wurde, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen das, was Gott in und mit Israel tut, nicht erkennen – obwohl es ebenso offensichtlich und eindeutig ist.

Wir begannen die Bibel mit anderen Augen zu lesen. Was wir bis dahin überlesen hatten, stach jetzt deutlich hervor.

Wenn man sich vergegenwärtig, dass Jesus in Matthäus 5,17 selber gesagt hat „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“, dann kann man die Bedeutung von Israel und Jerusalem schwer überlesen.

Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein – steht in Joel 3,5

Und Sacharjia weissagt in Kapitel 8, 22: Menschen aus großen und mächtigen Völkern werden nach Jerusalem kommen, um den HERRN, den Allmächtigen, zu suchen und den HERRN gnädig zu stimmen.

Jesaja prophezeit in Kapitel 60, 2-3: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir (Zion) geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.

Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.

 

Die Bibel spricht in Sacharja 8,23 davon, dass „in jenen Tagen zehn Menschen aus Völkern mit lauter verschiedenen Sprachen einen Mann aus Juda am Rockzipfel festhalten werden und bitten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott bei euch ist“ - für uns sind diese Tage bereits angebrochen…die Beziehungen zu unseren jüdischen Freunden und die Verbindung zu Israel sind zu einer der wertvollsten Konstanten, einer Bereicherung und einer Quelle des Lernens in  unserem Leben geworden.

Davidstern grün
Flughafen Ben Gurion

„Bruchim haba'im le’Israel - Willkommen in Israel” klang die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern und das Flugzeug rollte langsam zur finalen Position. Wir sahen neugierig aus dem Fenster. Was würden wir in diesem Land, über das so viel Widersprüchliches berichtet wird und dass es vor 100 Jahren noch nicht gab, vorfinden? Ich wusste damals nicht, vor welcher lebensverändernden Erfahrung ich stand!

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