


30.03.2025 - Angekommen
Dieser Augenblick, wenn man aus dem Flugzeug das erste Mal die Küste Israel sieht. Auf der einen Seite noch das tief blaue Meer und vor einem schon die dicht bebauten Städte und die grünen bestellten Felder. Dieses Gefühl im Heiligen Land angekommen zu sein - es treibt einem immer wieder die Tränen in die Augen. Unser Pilot landet derart weich und gekonnt, dass man es kaum spürt. Und man staunt: eineinhalb Jahre Krieg hunderttausende Reservisten eingezogen, und dennoch fliegt El Al zuverlässig jeden Tag. Die Felder sind grün und bestellt. Und auf den Autobahnen fahren die Kolonnen. Vor einem Monat habe ich einen Vortrag über die Resilienz der Israelis gehalten. Alles, was wir jetzt sehen, ist der lebendige Beweis davon. Im Vergleich zum letzten Jahr ist der Flughafen viel belebter. Von den vielen Bildern der Geiseln sind schon fast 190 weggelegt worden. Aber 59 sind noch immer da und erinnern daran, dass dieser Krieg noch nicht zu Ende sein kann. Als wir letztes Jahr zu dieser Zeit ankamen, waren außer uns nur noch vier Nicht-Israelis an Bord des Flieger. Jetzt stehen wir wieder in der Schlange der Passkontrolle. Und man freut sich fast darüber, denn auch das ist ein Zeichen von neu erwachtem Leben. Doch so heil wie der erste Eindruck schien, ist es tatsächlich nicht. Man spürt den Personalmangel, der überall zu sehr langen Wartezeiten führt. So kommen wir erst gegen 22:00 Uhr abends im Hotel an und hier gibt es gleich wieder ungute Nachrichten: der Koch ist krank und es gibt niemanden der für ihn einspringt: das heißt es gibt hier kein Frühstück und kein Abendessen. So merken wir sehr schnell, wie fragil Pläne in Israel zu dieser Zeit sind. Trotzdem hoffen wir am Ende zu erleben, dass all dies einen verborgenen Segen beinhaltet, so wie wir es schon oft erfahren haben.


31.03.2025 - IDFWO IDF-Witwen & Waisen Organisation
EIN LÄCHELN DER HOFFNUNG Heute fahren wir nach Petach Tikwa (Tor der Hoffnung), eine der großen Städte Israels, in der die IDF Witwen and Waisen Organisation ihren Hauptsitz hat. Dadurch, dass der Termin in letzter Minute um etliche Stunden verschoben wurde, hatten wir die Möglichkeit heute Morgen als erstes an den Ort zu gehen, von dem Gott gesagt hat, dass sein Herz und seine Augen immer da sein werden: die Kotel. Um 16:00 Uhr treffen wir uns dann mit Shlomi, dem CEO (Geschäftsführer) der gemeinnützigen Organisation, die 1991 als eine Initiative der damaligen Witwen gegründet wurde, um ihnen eine Stimme und ein Sprachrohr in der Öffentlichkeit zu geben. Wenn Soldaten oder Sicherheitskräfte im Kampf fallen oder durch Terrorakte ermordet werden, wird die IDFWO sofort nach der Familie informiert. So kann jemand von dem 21-köpfigen Team direkt Kontakt mit der betroffenen Witwe aufnehmen, um sie zu unterstützen. Das beginnt mit der Teilnahme beim Begräbnis bis zu der Bereitstellung von Nachtschwestern, die es jungen Müttern ermöglichen, Nächte durchzuschlafen und vielen anderen praktischen Hilfeleistungen. Schwangeren Witwen werden Hebammen zur Seite gestellt, die sie bis zur Geburt begleiten. Und Shlomi hat nach dem 7. Oktober persönlich mit allen Direktoren der Krankenhäuser gesprochen, um sicher zu stellen, dass diese Witwen eine Vorzugsbehandlung bekommen. Die IDFWO versteht sich auch als Partner der Witwen, der mithilft, die Waisen groß zu ziehen. Viele dieser Kinder haben nach dem enormen Verlust, Schwierigkeiten Anschluss an andere Gleichaltrige zu finden, weil sie erleben, dass diese ihren Verlust weder teilen noch nachvollziehen können. Besonders wertvoll sind daher die Otzma-Camps, wo diese Kinder mit anderen Waisen zusammenkommen. Hier können sie offen sein, hier werden sie verstanden und finden sie Freunde. Einer der Höhepunkte seit dem 7. Oktober ist für Shlomi der Moment, wo er miterleben durfte, wie ein kleiner Junge, der seit dem Verlust seines Vaters keinen Kontakt mehr zu Altersgenossen fand, bei so einem Camp das erste Mal wieder mit anderen spielte, nachdem er erfahren hatte, dass alles Waisen waren. Und das erste Mal nach endlosen Monaten wieder lächelte. Diese ersten winzigen Heilungsschritte geben Hoffnung und Ausblick – und sie geben die Kraft, mit diesem unglaublich wichtigen Dienst weiterzumachen, den wir auch weiterhin mittragen werden. Weiter unten findet Ihr ein paar Videos mit englischen Untertiteln, die Einblick in die Arbeit der IDFWO geben und bei „Impressionen“ ein paar Bilder vom heutigen Treffen, bei dem Shlomi uns als Zeichen seiner Dankbarkeit eine Medaille überreicht. AUSBLICK: Mehr über Shlomis persönlichen Hintergrund und Motivation folgt in einer späteren Episode.


01.04.2025 - RIMON FARM & THERAPIEZENTRUM
(Heilung für Traumatisierte)
OASEN DES LEBENS Unser heutiges Ziel waren die Rimon Farmen im Süden Israels, fernab von den dicht besiedelten Ballungsräumen im Zentrum und im Osten des Landes. Dafür, dass man durch eine Wüste fährt, ist es unglaublich grün. Israel hat den Traum vom Staatsgründer David Ben Gurion, den Negev zum Blühen zu bringen, erfolgreich mit Tröpfchenbewässerung umgesetzt. Links der Straße grünen die Weinberge, rechts wogen die Ähren. Wir steigen aus dem Wagen und sind in einer anderen Welt. Ein weiter Himmel wölbt sich über das Land und der Lärm, der Stress und die Hektik der Städte ist fern. Hier kann man anders atmen und die Ruhe legt sich wohltuend auf das Gemüt. Und hier sind auch die Rimon Höfe und Therapiezentren entstanden. Nir, der Gründer und Geschäftsführer der Organisation, begrüßt uns herzlich und dann sitzen wir zusammen mit ihm, Tal, der Resource Development Koordinatorin, und Hemiya, einer Psychaterin, in der „Freilichtküche“ des Hofes zusammen. Um uns herum Zelte, Beete, Weingärten und weite grüne Hügel, der Wind weht. Und Nir erzählt davon, wie erst der Rimon-Hof 2021 für gefährdete Jugendliche entstanden ist, was seither geschah und von ihren Zukunftsplänen. Begonnen hat das Projekt mit einer Tragödie. Am 8. Juni 2016 verübten zwei Palästinenser einen Terroranschlag im Café Max Brenner im Bereich Saronas in Tel Aviv, bei dem vier Israelis getötet und 19 weitere verwundet wurden. Nir war auch in dem Cafe, er blieb äußerlich unverletzt. Aber eines der Opfer starb an dem furchtbaren Tag in seinen Armen; eine Erfahrung, die einen Wendepunkt einläutete. Er fällte die Entscheidung, sein weiteres Leben einer sozialen Tätigkeit im Negev widmen, um auf diese Art seinen Lebensweg mit seinem Herzen in Einklang zu bringen. 2023 wurde dann als zweites die Lahav-Farm gegründet, für Menschen die unter einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) litten – ursprünglich geplant für rund 80 Personen. Tatsächlich wurden seit dem 7. Oktober mehr als 4000 Menschen dort behandelt! Und der Bedarf ist weiterhin enorm groß. So entstand 2024 der zweite Hof für posttraumatische Therapien: der Shekef Hof. Das Land für die Höfe haben sie vom Kibbuz Lahav erhalten. Und aktuell sind zwei weitere Zentren im Aufbau: im westlichen Negev, neben den Orten der Verwüstung vom Massaker des 7. Oktober – um die Bewohner dieser Region zu stärken. Genauere Informationen über die verschiedenen Therapie Programme und die Zielgruppen findet ihr im dazugehörigen PDF unter dem Button „Einblicke & Fakten“. Die Organisation verfolgt drei wesentliche Ziele: Heilung und Stärkung für Menschen, Erschließung und Bepflanzung des Landes, sowie die Förderung der Wüstenregion Negev. Nirs großes Vorbild ist niemand Geringerer als David Ben Gurion, der schon vor 70 Jahren vielversprechende Pläne für diesen Landstrich hatte, dem er sehr viel Potential zuschrieb. Und tatsächlich spürt man den Pioniergeist der Gründungszeit auf den Höfen: den Willen, hier etwas Bedeutsames zu schaffen, den Zusammenhalt, die Vision. Wie in jenen Tagen ist der Alltag hier einfach, man lebt in Zelten. Die landwirtschaftliche Arbeit fordert harten Einsatz, doch als Belohnung entsteht hier neues Leben und genau das hat einen heilenden Einfluss auf die Betroffenen. Zu sehen, wie die kleinen Pflänzchen wachsen, wie Lämmer und Kälber geboren und groß werden, all das ist ein Zeugnis der Kraft der Erneuerung und vermittelt die Hoffnung, dass auch in verwundeten Seelen Neues entstehen kann. Nir meint: „Wir können es uns nicht erlauben, aufzuhören zu träumen“, denn die Auslebung dieses Traumes ist die Grundlage der Wiederherstellung von so vielen. Sie nehmen jeden in die Programme auf, der anfragt - was eine große materielle Herausforderung ist, denn die Betreuung durch erfahrene Spezialisten, Psychiater, das hochwertige medizinische Personal und die Sozial-Arbeiter, sowie die Unterbringung und Verpflegung kosten hohe Summen. Deshalb sind sie auf finanzielle Hilfen angewiesen und schätzen jede Spende, die ihre Arbeit unterstützt. Die Aufgabe, die sie sich gestellt haben, ist gigantisch - doch das potenzielle Ergebnis beflügelt alle, die sich hier engagieren! Denn das Ziel dieser Höfe ist eine Neuauflage der uralten, sich wiederholenden Geschichte Israels: aus Asche und Trümmern neu aufzustehen und am Ende über noch mehr innere Kraft und Lebensmut zu verfügen. AUSBLICK: Die erschütternde Geschichte und das bewegende Zeugnis von S. (der Name bleibt vertraulich), der uns von seinen eigenen Erfahrungen vom 7. Oktober und seinem Heilungsprozess auf der Lahav Farm erzählt, folgen in einem späteren Beitrag.


02.04.2025 - BE'AD CHAIM
(Hilfe für evakuierte werdende Mütter und ihre Babys)
DIE HELFENDEN HÄNDE VON BE’AD CHAIM (Für das Leben) Nach vier Tagen, das erste Mal, dass wir nicht stundenlang unterwegs sind. Die Organisation Be‘Ad Chaim liegt nur ein paar Gehminuten von unserem Hotel in Jerusalem entfernt. Und dort treffen wir Sandy Shoshani wieder, die Direktorin der Organisation, mit der wir seit über einem Jahr in Verbindung sind. Es ist ein Treffen unter Freunden, Verbündeten. Sie erzählt uns von den vielen Evakuierten, denen sie in den letzten 18 Monaten helfen konnte und wie dies durch die großzügige Hilfe von Spendern möglich gemacht wurde. Wie sie Kontakte zu den Hotels, in denen diese Familien lebten, bekommen hat und so schnell und effizient unterstützen konnte. Und sie gibt uns Einblick, wie viele evakuierte Israelis den Alltag heute erleben. Auch nach 18 Monaten ist der Norden immer noch nicht sicher, der Süden nicht wieder aufgebaut. Sie berichtet davon, wie viele Schulen lange geschlossen hatten, wie die Kinder aus ihrem Umfeld und Rhythmus gerissen wurden und wie sie mit der Abwesenheit ihrer Väter zurechtkommen mussten. Und wie diese Familien schwanken zwischen der Entschlossenheit in ihre ursprünglichen Heimatorte zurückzukehren einerseits und der Möglichkeit an anderen Orten neu Fuß zu fassen andererseits. Sie sind zwischen den beiden Optionen hin und her gerissen. Sie spricht von den Soldaten, die nach dem monatelangen Einsatz in Gaza so traumatisiert sind, dass sie nicht mehr in ihr altes Leben zurückfinden und wie deswegen Ehen und Beziehungen auseinanderbrechen. Sie erzählt aber auch von denjenigen, die trotz schwerer Verletzungen und verlorener Gliedmaßen, den Mut und die Kraft haben, ein neues Leben aufzubauen und daraufhin arbeiten an den Paralympischen Spielen teilzunehmen. Und von denen, die bewusst gerade in dieser Zeit geheiratet und Kinder zur Welt gebracht haben – als Zeichen ihres Vertrauens, dass es wieder bessere Zeiten geben wird und sie dazu beitragen wollen. Sie berichtet von den ständigen Raketenalarmen und wie schwer es für hochschwangere Frauen ist, in die Schutzräume laufen zu müssen. Wie einen dieser Alarm oft in Situationen antrifft, wo man sich gar nicht in Sicherheit bringen kann und wie hilflos ausgeliefert man sich dann fühlt. Sie verfügt über eine enorme innere Stärke, aber man hört aus ihren Sätzen, wie schwer es für die Menschen dieses Landes ist. Doch wie auch bei den Begegnungen der letzten Tage ist ebenso ihre Entschlossenheit spürbar, durchzuhalten und Beistand zu leisten. Was sie und ihr Team bewirken ist großartig. Es sind inzwischen Tausende, die durch sie Hilfe erhalten haben. Was ihr selber Kraft gibt, ist die Zuversicht, dass es auch in dieser Zeit einen - noch! - verborgenen Segen gibt, der offenbar werden wird. PS: Zum Abschluss ein kurzer Brief, den eine Repräsentantin der Mütter an Be’ad Chaim schrieb: “Sie haben uns in der schwierigsten Zeit unseres Lebens unterstützt, als wir unsere Häuser verlassen mussten und schwanger nach Jerusalem gezogen sind! Ihre Unterstützung gibt uns Kraft und Zuversicht für die Zukunft. Vielen Dank von allen Müttern und Bewohnern, die aus Kiryat Shmona evakuiert wurden!“

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03.04.2025 - KIBBUZ NIR OZ mit Smadar und Shlomo
DIE FORTSETZUNG EINER WUNDERBAREN BEGEGNUNG Als wir Smadar und Shlomo letztes Jahr ungeplant in Jerusalem kennen lernten, konnten wir nicht wissen, was sich aus dieser Beziehung entwickeln würde. Umso dankbarer sind wir dafür, dass diese, spontan entstandene, Verbindung seither immer fester geworden ist und wir durch sie Einblick in die Schicksale der Geiselfamilien und Hinterbliebenen von Terror Opfern erhalten haben. Heute treffen wir sie wieder und fahren zusammen in den Süden zu dem Kibbuz Nir Oz, zu deren Gründern Smadars Eltern gehörten; in dem sie geboren wurde und aufgewachsen ist. Zu dem Kibbuz in dem ihr Bruder und ihre Schwägerin brutal ermordet worden. Aus dem ihre Schwägerin nach Gaza entführt wurde. In dem am 7.10.2023 so viele ihrer Jugendfreunde und Bekannten getötet, gequält und verbrannt wurden. Wir sind den beiden unendlich dankbar, dass sie uns diesen authentischen Einblick aus der Perspektive von direkt Betroffenen ermöglichen, und wir können es wahrscheinlich gar nicht richtig einschätzen, wie viel es sie kostet, sich erneut mit all dem Grauen, der Zerstörung und den Verlusten auseinander zu setzen. Denn in Nir Oz wurde jeder vierte qualvoll umgebracht oder entführt. Die Hälfte der Häuser sind verbrannt. Da wo ein Garten Eden stand, stößt man heute auf ein verlorenes, verlassenes Paradies, durch das nur noch die Katzen der Familien, die hier wohnten, streunen. Dennoch, dank dem unermüdlichen Einsatz von Freiwilligen blüht und grünt es zwischen den verbrannten Häusern wie früher. Die Blumen duften und die Vögel singen von dem, was hier geschah. Ein schmerzlicher Kontrast. Nir Oz war vermutlich der schönste Kibbuz an dieser Grenze; wie ein Park angelegt, ein Ort der Schönheit, der Lebensfreude. Heute ist es, als würde man hier mit einem Fuß im Garten Eden und mit dem anderen in der Hölle stehen. Und Smadar sagt: willkommen in meiner Heimat! Wir sehen das Haus, in dem ihr Bruder Avner und ihre Schwägerin Maya lebten. Wir kommen auch am Heim der Bibas Familie vorbei, deren Schicksal vielleicht das einzige war, dass von der Welt angemessene Aufmerksamkeit nach dem 7. Oktober erhielt. Wir stehen auch vor den Gebäuden, in denen Sigal und Dolev mit ihren Kindern lebten, genauso wie Hadas und Tamir. Und wir sehen den Gedenkstein für Tamir und verstehen, dass er eine besondere Rolle in der Verteidigung dieses Kibbuz gespielt hat, in dem die israelische Armee erst ankam, nachdem die Terroristen schon weitergezogen waren. Von dem Dach eines Bunkers sehen wir in das nahe gelegene Gaza hinüber. Es gibt eine direkte Straße von Nir Oz dahin. Man braucht keine 5 Minuten für den Weg. Auf diesem Weg kamen hunderte von Terroristen und stürmten den Kibbuz. Auf diesem Weg wurden 76 Menschen tot oder lebend nach Gaza entführt. Über diese Straße kamen später unzählige Zivilisten, die den Ort plünderten, nachdem er verwüstet worden war. Und auf dieser Straße haben - vor dem Massaker - die Friedensaktivisten aus Nir Oz Kranke aus Gaza abgeholt, um sie in israelischen Krankenhäusern behandeln zu lassen. Doch was auch immer sie für den Frieden taten - es hatte keine Wirkung. Denn Terroristen sind keine Menschen, sondern Geschöpfe, deren Lebensatem, Hass und Zerstörung ist. Dann stehen wir mit Smadar und Shlomo vor den Gräbern von Avner und Maya. Und denken an die, deren Liebste immer noch in Gaza festgehalten werden und die daher nicht einmal einen Abschluss finden können. Zum Schluss gehen wir noch zusammen Abendessen und sie erzählen uns von ihren Kindern und von den Kindern von Maya und Avner. Es ist schön und beeindruckend zu sehen, dass sie alle daran arbeiten, ihre Leben aufzubauen, beziehungsweise neu aufzubauen. Die Kinder durch Ausbildungen, Smadar hat wieder angefangen zu arbeiten. Und es ist wunderbar zu erleben, dass sie wieder lächeln können - trotz des Schmerzes, der immer noch allgegenwärtig ist. Auch wenn ihre persönliche Geschichte ein Ende fand, nachdem die IDF die Leiche von Maya im Mai 2024 in den Terrortunneln der Hamas fand und zurück brachte, sind sie weiterhin im Forum der Familien der Geisel aktiv. Ihr Motto ist: „bis zu der letzten Geisel“. AUSBLICK: Für Sonntag hat Shlomo ein Treffen zwischen uns und dem Geisel Forum organisiert, über das wir ebenfalls berichten werden. Und ich werde auch noch mehr über diesen ganz besonderen Kibbuz schreiben, der wie kaum ein anderer Ort, an ein Paradies erinnerte und der wie kein anderer von der IDF am 7.10.2023 im Stich gelassen und zerstört wurde.

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04.04.2025 - Bei JULIA & SHAUL im Moshav Yated
MUSIK IN DER WÜSTE (Konzertaufnahme unter "Videos") Als wir heute wieder in den Süden aufbrechen, tun wir es voller Vorfreude. Schon im vergangenen Jahr haben wir Julias und Shauls Haus im Hevel Shalom, der sogenannten „Friedensregion“; diesem 3 Ländereck nur 4 Kilometer sowohl von Gaza als auch von Ägypten entfernt, als eine Festung der Hoffnung inmitten der zerstörten Orte entlang des Gazastreifens erlebt. Wie durch ein Wunder blieben sie am 7. Oktober verschont und ebenfalls, wie durch ein Wunder ist es ihnen gelungen, ihre Visionen und Träume zu bewahren. Obwohl sie in einer Gegend wohnen, in der sie seit fast 600 Tagen fast ständig den Kriegslärm und die Detonationen von der nahen Gaza Front hören, sind die Lieder, die sie in ihrem Inneren tragen, lauter. Das ist beachtlich, besonders wenn man bedenkt, wie hart die Restriktionen der Corona-Jahre dieses Virtuosen Paar getroffen haben und wie bald danach das Massaker der Hamas kam, welches zu einer dreimonatigen Evakuierung aus ihrem Heim führte. In den darauffolgenden Monaten gab es oft wenig Raum für Musik, obwohl diese sehr heilend gewesen wäre. Doch lange können Israelis nicht ohne Musik leben. Sogar in Konzentrationslagern gab es Orchester. In den Gründerjahren des jungen Staates, als noch keine Musikhallen gebaut waren, wurden legendäre Konzerte unter freiem Himmel abgehalten und das Auditorium saß am Boden oder in den Ästen der umliegenden Bäume. Und so steigt die Nachfrage wieder und sie veranstalten Konzerte in ganz Israel, das letzte erst am Abend vor unserem Besuch oben auf den Golanhöhen. Sie haben unglaublich viel zu teilen. Die Stärke, die Wärme, die Schönheit ihrer Seelen hat in der Musik ein perfektes Ausdrucksmittel gefunden. So bringen sie Zuversicht und Lebensfreunde zu ihren Zuhörern. Doch in ihren Herzen tragen sie eine noch viel größere Vision, nämlich den Traum vom Musik Hain, einem heute begrünten Ort in der Wüste, nicht weit von ihrem Haus entfernt, wo ein Musikzentrum im Freien entstehen soll. Und sie fahren mit uns dahin und geben ein kleines, wunderbares Konzert für uns. Es ist fast überirdisch schön und der Same ihrer Vision geht in unseren Herzen auf. Wir spüren, dass wir Verbündete sind, die mit Liedern und Geschichten Licht & Hoffnung verbreiten wollen. AUSBLICK: Erlebt diesen prophetischen Augenblick, dieses wunderbare Konzert mit. Wir haben ein Video für Euch hochgeladen und ich werde noch mehr über diese unglaubliche Erfahrung schreiben.

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04.04.2025 - ROUTE 232
ROUTE 232: DIE STRASSE DER VERLORENEN Auf unserem Rückweg aus Yated nach Jerusalem fahren wir die ROUTE 232. Es ist die Straße, die parallel zur Grenze zu Gaza verläuft, die Straße in den Süden, die die ganzen israelischen Ortschaften hier verbindet. Es ist eine malerische Strecke. Sanddünen, die daran erinnern, dass wir uns hier in der Negev Wüste befinden und bestellte, grüne Felder wechseln sich links und rechts ab. Ausgerechnet aus dieser Wüstenregion wird Gemüse in die ganze Welt exportiert. Der Horizont ist weit, der Blick schweift ungehindert in die Ferne. Es ist eine Landschaft zum Genießen gewesen – bis zum 7. Oktober. An dem Tag wurde es zu einer Straße des Terrors, auf der Hunderte vergeblich versuchten vor der Hamas zu fliehen. Es gibt unzählige Videos von diesem Tag des Todes, die auf diesem Weg von den Angreifern aufgenommen und ins Netz gestellt wurden. Sowohl Feiernde vom Nova-Festival, die versuchten sich in die Ortschaften zu retten, als auch Bewohner der heimgesuchten Kibbuzim, die auf der Flucht waren, wurden brutal niedergemetzelt. Leichen säumten den Straßenrand. Und viele der israelischen Soldaten und Sicherheitskräfte wurden hier von den Terroristen überwältigt. Später, als Israel den Kampf um die Befreiung seiner Geiseln aufnahm, rollten hier dann die israelischen Panzer der IDF in den Süden und hinterließen ihre Abdrücke im Asphalt. Heute ist diese Straße mehr oder weniger verlassen, denn in die stark zerstörten Kibbuzim ist das Leben noch nicht wieder zurückgekehrt.

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04.04.2025 - NOVA GEDENKSTÄTTE & YUVAL RAPHAEL
EIN FRIEDHOF, DER NICHT VERSTUMMEN KANN Aus dem Gelände neben dem Kibbuz Re’im, auf dem das NOVA FESTIVAL stattfand, ist eine Gedenkstätte entstanden. Dieser blutgetränkte Boden, der am 7. Oktober mit rund 400 Leichen bedeckt war, schreit noch immer zum Himmel. Kein anderer Ort, an dem das Morden in diesem Ausmaß stattfand, kein anderer Ort, wo die Menschen so wehrlos waren, als die Terroristen mit Paragleitern, auf Pickup-Trucks und auf Motorrädern einfielen. Für jeden, der hier ermordet wurde, hat man eine Gedenktafel errichtet, für jeden wurde ein Baum gepflanzt, als Zeichen des Fortbestehens des Lebens. Und wenn man hier steht und vor sich dicht an dicht diese Tafeln sieht mit den Bildern, die an die Ermordeten erinnern, wenn man in diese jungen, lebensfrohen Gesichter blickt, die der Zukunft so vertrauensvoll entgegensahen, bekommt man eine leise Ahnung davon, was für ein grauenhaftes Massenverbrechen hier begangen wurde. Doch es ist nur eine Ahnung. Denn nie werden wir, die nicht dabei waren, das Ausmaß der Gräueltaten, die hier begangen wurden, begreifen. Nie werden wir die Agonie nachvollziehen können, die diejenigen empfanden, die versuchten ihr Leben zu retten, die Todesfurcht derjenigen, die sich mit dem Blut anderer beschmierten, um ebenfalls für tot gehalten zu werden oder die sich unter den Leichen anderer versteckten. Die verzweifelt um Hilfe flehten, die nicht kam. Die mit ansehen mussten, wie andere niedergemetzelt, wie sie vergewaltigt und verstümmelt wurden. Viele davon haben mit diesen Bildern nicht weiterleben können und später Selbstmord begangen. Heute scheint eine strahlende Sonne auf diesen Platz. Es ist still. Besucher gehen leise von Bild zu Bild. Manchen laufen die Tränen über die Wangen – auch heute noch. Rund herum sind Stühle aufgestellt, die Angehörigen können herkommen und versuchen, hier ihren verstorbenen Liebsten nahe zu sein. Auch Soldaten besuchen diesen Ort regelmäßig – um zu begreifen, was geschah und um zu wissen, wofür sie kämpfen: damit sich ein 7. Oktober nie wiederholen kann, auch wenn das weiterhin das zentrale Ziel der Terrororganisation Hamas bleibt, welches sie gerne laut und deutlich wiederholt. Während im letzten April vieles noch provisorisch war, nimmt es jetzt mehr und mehr Gestalt an. Informationstafeln wurden aufgestellt, die versuchen, in kargen Worten festzuhalten, was sich ereignete. Aber vor allem zeigen viele der individuellen Gedenktafeln mittlerweile nicht nur ein Gesicht und einen Namen, sondern erzählen auch eine kurze Geschichte. So bleibt die Erinnerung an alle diese Opfer lebendig und so sind es nicht einfach nur Zahlen und Namen, sondern die individuellen Schicksale, die dahinterstanden, werden erahnbar, wenn man diese Inhalte liest. Ich habe einige dieser Tafeln fotografiert, um auch Euch diesen Einblick zu ermöglichen. Während wir noch hier stehen, zerreißen plötzlich ohrenbetäubende Detonationen die Stille. Man möchte in Deckung gehen, doch dafür ist es schon zu spät. Auf diesem Platz hat man 15 Sekunden Zeit, um Zuflucht zu suchen. 15 lächerliche Sekunden, bis die Rakete einschlägt. Und die Bunker, die hier stehen, bieten allenfalls Schutz vor Flugkörpern, gegen heranstürmende Terroristen waren sie wirkungslos. Im Gegenteil, sie wurden zu Todesfallen, in denen Dutzende auf einmal ermordet wurden. Nein, es ist noch nicht vorbei. Immer noch werden 59 Geiseln in Gaza festgehalten und daher dauert der Krieg immer noch an. YUVALS LIED VOM NEUEN TAG Aber trotz all dem Grauen finden manche die Kraft wieder aufzustehen. So zum Beispiel die Sängerin YUVAL RAPHAEL, die Israel 2025 beim Eurovision Song Contest vertritt. Auch sie tanzte auf diesem Musikfestival. Auch sie überlebte nur, weil sie sich unter den Leichen anderer versteckte. Aber heute singt sie davon, dass ein neuer Tag anbricht, der Beginn einer neuen Zukunft. Diese Menschen sind diejenigen, die dazu beitragen, dass Israel nach jeder Katastrophe wieder aus der Asche aufsteht. „Ein neuer Tag wird anbrechen, das Leben wird weitergehen! Jeder weint, weine nicht allein Die Dunkelheit wird verblassen, all der Schmerz wird vergehen Aber wir werden bleiben, auch wenn du dich verabschiedest“ Weiter unten findet Ihr den Link zu ihrem Lied. Lasst Euch inspirieren von dieser Resilienz, dieser Überlebenskraft.


05.04.2025 - JERUSALEM
JERUSALEM, STADT AUS GOLD Unter diesem Abschnitt veröffentlichen wir die Bilder der Begegnungen, die hier in Jerusalem stattgefunden haben, auch wenn sich nicht alles am Schabbat ereignet hat. Tatsächlich haben wir diesmal wenig Zeit, um uns an dieser Stadt zu freuen, weil wir jeden Tag unterwegs sind. Aber manchmal gelingt es uns vor oder nach unseren Terminen noch etwas hier zu unternehmen. So haben wir zwei wunderbare Begegnungen mit MOSHE KEMPINSKI, dem Inhaber des Shorashim Ladens. Er hält tapfer die Stellung auf dem Platz der Hurva Synagoge, obwohl er seit Corona und dem Krieg aufgrund der mangelnden Besucher zu kämpfen hat. Doch für die wenigen, die kommen, ist sein Laden nach wie vor ein wichtiger Anlaufpunkt. Seine Worte sind immer wieder eine große Ermutigung, wir werden jedes Mal reich beschenkt. Auch mit AVIEL SCHNEIDER, dem Chefredakteur von Israel Heute kommt es zu einer kurzen, spontanen Begegnung. Da einer seiner Söhne an diesem Wochenende heiratet, sind er und seine Frau Anat, extrem eingespannt. Mazel Tov, viel Glück ihr Lieben! Einmal schauen wir auch beim ÖSTERREICHEISCHES HOSPIZ vorbei, denn in dem schönen Garten lässt es sich auch vortrefflich arbeiten und dabei gleichzeitig ein wenig genießen. Aber der wichtigste Ort für uns bleibt die KOTEL, die WESTMAUER. Es ist jedes Mal ein besonderes Erlebnis an den Ort zu gehen, von dem Gott gesagt hat, dass sein Herz und seine Augen immer da sein werden und ihm dort nahe zu sein. Und jedes Mal können wir den Segen spüren und erhalten neue Impulse. Schabbat Schalom, Ihr Lieben aus Jerusalem! PS. FAKTEN & EINBLICKE zu Jerusalem findet Ihr unter der Jerusalem Kachel bei den Reiseinspirationen

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06.04.2025 - FORUM DER GEISELFAMILIEN in Tel Aviv
EIN ZUHAUSE FÜR DIE GEISELFAMILIEN Heute sind wir zum Forum der Geiseln in Tel Aviv eingeladen. Shlomo hat den Termin organisiert. Es ist viel, was sie auf den Weg bringen und es ist sicher in hohem Maße ihnen zu verdanken, dass die Erinnerung an die Geiseln hier in Israel überall so präsent ist. Wäre es doch nur auch international so. Leider werden aktuell in der Öffentlichkeit oft nur die Demonstrationen wahrgenommen, bei denen politische Stimmen ganz andere Töne anschlagen und es dann nicht mehr um die Geiseln geht. Aber heute und hier erfahren wir, was tatsächlich die Ziele dieser Organisation sind und wie diese entstanden ist. In den ersten Tagen und Wochen nach dem Massaker kamen viele Geiselfamilien in Tel Aviv zusammen und suchten in ihrer Verzweiflung Zusammenhalt und Gemeinschaft. Viele hatten kein Zuhause mehr. Freiwillige begannen für diese Familien zu sorgen, indem sie Essen brachten oder Familien bei sich beherbergten. Als deutlich wurde, dass die zeitliche Dimension des Krieges bzw. ein Ende der Geiselhaft nicht absehbar waren, bot die Firma „Check Point“, die ein Hochhaus ganz in der Nähe des sogenannten Geiselplatzes besitzt, an, 4 Etagen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Damit war ein Rahmen geschaffen und man konnte beginnen, dauerhafte Dienstleistungen hier anzubieten. Eine Kantine entstand, die es bis heute gibt, für die Restaurants spenden und wo Angehörige von Geiseln wann immer unentgeltlich speisen können. Therapieräume wurden eingerichtet, in denen Geiselfamilien kostenlose Behandlung erhalten. Temporäre Unterkünfte wurden organisiert. Und die verschiedenen Abteilungen wurden aufgebaut: das Media-Team, das Team für internationale Verbindungen, das diplomatische Team, das Team der Juristen. Sie wollen diese Familien in jeder Art umsorgen und für die, die ihr Zuhause verloren haben ein Zuhause sein. Und sie möchten die Schicksale der Familien in der Öffentlichkeit bewusst machen und internationale Unterstützung für die Geiselfamilien erreichen. Eine große Herausforderung für sie ist, politisch neutral zu bleiben. Es gibt innerhalb der Familien und der Freiwilligen viele unterschiedliche Meinungen, aber sie versuchen sich auf das Wohl der Geiselfamilien zu fokussieren. Die Atmosphäre, die wir hier erleben ist berührend. Viele Freiwillige opfern ihre Zeit und bringen ihr Können hier ein. Es ist ein Zusammenhalt spürbar, das Wissen um ein gemeinsames Ziel, eine große Verbundenheit. Und die Entschlossenheit sich weiter einzusetzen - bis die letzte Geisel befreit wurde.

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07.04.2025 - Mit ARYE SHALICAR in Rosh HaAyin
PODCAST: STATIONEN DER WIEDERHERSTELLUNG Am 7. April 2025 – genau eineinhalb Jahre nach dem schrecklichen Terrorangriff der Hamas sind wir erneut in Rosh HaAyin und treffen Arye Sharuz Shalicar zum zweiten Mal in Israel. Bei unserem Besuch hier im vergangenen Jahr standen vor allem das Verstehen, das Zuhören und das Berichten im Mittelpunkt. Doch dieses Mal sind wir aus einem anderen Grund hier: Wir wollen mit anpacken. Wir wollen dabei helfen, die Zukunft aufzubauen. Deshalb haben wir uns nicht nur mit betroffenen Familien getroffen, sondern auch mit beeindruckenden Organisationen, die mit voller Hingabe jenen zur Seite stehen, deren Leben am stärksten erschüttert wurde: Witwen und Waisen gefallener Soldaten, Geiselfamilien, traumatisierten Menschen und Evakuierten – aus ganz Israel! Diese Menschen und Organisationen geben seit eineinhalb Jahren alles – mit Liebe, Mut und unermüdlichem Einsatz. Zu diesen Unternehmen möchten wir Brücken bauen. In Aryes aktuellem Podcast stellen wir sie Euch vor Lasst Euch berühren. Lasst Euch mitreißen. Und wenn Ihr wollt – werdet selbst Teil dieser Bewegung der Menschlichkeit. Jeder Beitrag zählt. Jede helfende Hand macht einen Unterschied. Gemeinsam können wir Hoffnung und neues Leben schenken.

08.04.2025 - Bei HADAS & SIGAL in Kiryat Gat
(Witwen und Waisen aus Nir Oz)
SCHRITTE IN DIE ZUKUNFT Durch das Projekt, mit dem wir israelische Waisenkinder unterstützen, haben wir Sigal und Hadas (über das Forum für Familien, Geiseln und Vermisste) kennen gelernt und stehen seit Monaten in Kontakt. Jetzt sind wir endlich hier – um sie in die Arme zu schließen und ihnen zu zeigen, wie sehr ihr Schicksal uns am Herzen liegt. Wir treffen uns an diesem Vormittag in Kiryat Gat in einem Cafe. Es ist drückend heiß, die Luft voller Wüstenstaub. Sie sind ohne ihre Kinder gekommen und haben diesen neutralen Ort für ein erstes persönliches Aufeinandertreffen gewählt. Und dann sitzen diese beiden jungen Frauen vor uns. Schnell kommt ein Gespräch in Gang. Da wir schon viel über das, was in Nir Oz geschah, kennen, können wir die Puzzle-Teilchen schnell zusammenfügen. Doch trotz allem Wissen: es ist nicht wirklich nachvollziehbar, wie brutal und endgültig sich das Leben an einem einzigen Tag ändern kann. Sie haben ihr Zuhause verloren, ihr Umfeld, die Gemeinschaft und ihre Liebsten. Alles, was sie sich aufgebaut hatten, sämtliche Pfeiler ihres Lebens und alle Zukunftspläne sind an einem einzigen Tag zerstört worden. Sowohl sie als auch ihre Kinder finden sich in einer völlig anderen Realität wieder, in der es nur um eines geht: jeden einzelnen Tag überstehen, überleben. Sie sprechen von den Ängsten der Kinder, die befürchten auch ihre Mütter zu verlieren und schildern, dass es bessere und düstere Tage gibt. Auch ihre Mienen sprechen von diesem Hoch und Tief. Es gibt Augenblicke, da sind die Tränen ganz nahe, und andere, in denen die Gesichter erstarren, doch manchmal ist es, als ob ein Sonnenstrahl die Züge erhellt und für den Bruchteil einer Sekunde sieht man ein schelmisches Lächeln, dass die Augen funkeln lässt. Und auf einmal kann man sich vorstellen, wie sie früher waren: voller Zuversicht und Lebensfreude. Die Überlebenden des Massakers von Nir Oz wurden zunächst nach Elad und dann Anfang 2024 nach Kiryat Gat, etwa 50 Kilometer nordöstlich von Nir Oz, evakuiert. Sie wohnen heute mietfrei in einer Wohnanlage im Stadtteil Karmei Gat. Zusätzlicher Platz für bestimmte Kibbuz-Einrichtungen wie z.B. einen gemeinsamen Speisesaal, einen Kindergarten, die Jugendclubs, den Seniorenclub und eine Klinik wurde ebenfalls bereitgestellt. Doch es bleibt ein provisorischer Ort, kein Zuhause. Sie vermissen innerhalb der geschäftigen und dicht bewohnten Stadt das Grün und die Idylle des parkähnlichen Kibbuz, die eigenen Gärten, die Ruhe. Eine Mehrheit der Bewohner von Nir Oz stimmte Ende 2024 für den Wiederaufbau und die Rückkehr in den Kibbuz. Doch Hadas und Sigal wollen nicht an diesen Ort des Grauens zurückkehren, sie würden sich dort nicht mehr sicher fühlen und sie möchten auch ihren Kindern nicht zumuten, sich täglich mit den furchtbaren Erinnerungen auseinandersetzen zu müssen. Für sie kann das Leben dort nicht weiter gehen – sie brauchen einen Neustart in einer neuen Umgebung. Und die ersten Schritte in die Zukunft sind sie bereits gegangen: denn sie haben im Kibbuz Beit Nir eine Option etwas weiter von der Grenze entfernt gefunden, die ihnen zusagt und die Bewohner von Beit Nir haben für die Aufnahme der 40-50 Familien gestimmt, die nicht nach Nir Oz zurück möchten. In den vergangenen Wochen wurde das Projekt (siehe Link unten: staying-together.com/rebuilding) gestartet. Der Kibbuz Beit Nir soll erweitert werden und in rund zwei Jahren hoffen sie, dort ein neues Zuhause zu finden. Sie sind sehr glücklich über diese Perspektive und werden ihre ganze Kraft dafür einsetzen, für sich selbst und ihre Kinder ein neues Zuhause aufzubauen. Wir werden sie begleiten und ihre Last mittragen – so gut wir können. AUSBLICK: Die Geschichten dieser Frauen und ihrer Kindern geben Einblick in die Tragödie vom 7. Oktober und helfen die Tiefe des Einschnitts zu verstehen. Sie geben den düsteren Zahlen und Fakten ein Gesicht und machen die Schicksale nachvollziehbar. Erste Informationen findet ihr unter „Einblicke & Fakten“, später werden zwei ausführliche Artikel folgen.
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09.04.2025 - Besuch von Rony & Ofer
(Evakuierte aus Kerem Shalom)
RONYs & OFERs WERTVOLLER BEITRAG Am Ende unserer Reise kommen RONY & OFER bei uns in Jerusalem vorbei, um uns zu besuchen. Wir freuen uns sehr, sie zu sehen und sind ihnen dankbar, dass wir nicht nach Ashalim, weit unten im Süden Israels, fahren mussten. Nach 1,5 Jahren sind sie immer noch evakuiert. Als wir fragen, wie es ihnen geht, meint Rony aufrichtig, dass sie müde ist. Müde dieses Lebens in einem undefinierten Zwischenstadium, ohne die Möglichkeit wieder neu durchstarten zu können, müde vom Warten auf ein Ende des Krieges, müde der Improvisationen. Und dann erfahren wir, dass die Übereinkunft der Regierung mit den Vermietern in dessen Immobilie sie zurzeit eine kleine 50 qm Wohnung haben, im Juni 2025 ausläuft. Das gilt für alle Evakuierten innerhalb Israels und bedeutet, dass mehr als 100.000 Menschen nicht wissen, wo und wie sie ab Juni weiterleben sollen. Es ist ein Schock, das zu hören, denn der Krieg dauert an und ihr Kibbuz Kerem Shalom ist nicht wieder hergestellt. Sie zucken nur die Achseln, denn es gibt aktuell wenig, bis nichts, was sie tun können. Vermutlich werden sie in eine andere provisorische Wohnung umziehen müssen. Und trotzdem sagen sie: am Ende wird alles gut werden und wir werden durch diese Erfahrung stärker werden. Nur wissen sie nicht, wie lange es noch dauern wird… Ab morgen tritt Ofer wieder als Reservist in den Dienst der IDF. Er hat weit über das Pflichtalter hinaus immer weiter den jährlichen Reservedienst absolviert und ist daher mit seiner Erfahrung sehr wertvoll für die IDF. Wir sind voller Hochachtung für das, was er tut. Seinerzeit hat er einen Sanitäter Kurs für Mitglieder der Kibbuzim in der Grenzregion neben Gaza initiiert. Durch diese Fachkräfte konnte auch am 7. Oktober vielen direkt vor Ort geholfen werden, was Leben rettete. Auch er und Rony sind, dem Kugelhagel der Terroristen zum Trotz, anderen zu Hilfe geeilt und sind ihnen beigestanden. Jahrelang war Ofer der Sicherheitschef des extrem exponierten Kibbuz Kerem Shalom. Und jetzt dient er seinem Land von Neuem. Still und ohne Aufheben davon zu machen, aber mit unglaublicher Loyalität. Die Überzeugung, dass sie selbst Verantwortung übernehmen müssen und einen Beitrag zu leisten haben, treibt sie beide an. Solange Israel über Menschen mit so einer großartigen Einstellung verfügt, wird es immer Hoffnung und eine Zukunft geben.

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10.04.2025 - ABSCHIED und AUSBLICK
LEHIT'RAOT - bis nächstes Jahr in Jerusalem! Es sind unsere letzten Stunden in Israel. Wie immer, wenn wir dieses Land verlassen müssen, wird das Herz uns schwer. So gerne wären wir länger geblieben, so gerne hätten wir weiter mit angepackt und geholfen. Aber der Alltag ruft mit all seinen Verpflichtungen und Notwendigkeiten. Ein Alltag, der die letzten zehn Tage weit, weit entfernt war. So viele wertvolle Impulse, so viele besondere Begegnungen, so viel unterwegs: von einem Meeting zum nächsten. Viel zu viele Eindrücke für diese kurze Zeit. So sehr wir uns bemüht haben: wir sind gar nicht dazu gekommen, alles festzuhalten, zu reflektieren und zu verarbeiten. Und so ist auch unser Reisetagebuch „Facetten der Wiederherstellung“, mit dem wir Euch mitnehmen wollten, zwar voller Inhalte, aber dennoch nicht vollständig. In den nächsten Wochen werde ich entsprechend ARTIKEL zu den Hauptthemen schreiben. Ihr dürft gespannt sein. Und das ist ein Trost und ein Ausblick für die nächste Zeit. Auch wenn wir wieder in Deutschland sind, werden unsere Gedanken und Herzen weiter in Israel sein. FAZIT: Wenn wir versuchen, ein Fazit für Euch kurz zusammen zu fassen, dann würde es lauten, dass die Wunden immer noch bluten und dass die Menschen hier teilweise sehr müde geworden sind. Müde von den Angriffen aus allen Windrichtungen (Gaza, Libanon, Iran, Syrien, Jemen) und dem Terror in Judäa und Samaria. Die Verluste sind noch nicht verarbeitet, 59 Geiseln befinden sich nach wie vor in der Gewalt der Hamas, die Toten konnten deshalb noch nicht alle begraben werden, die Evakuierten leben weiterhin in provisorischen Unterkünften, die Traumatisierten und Verwundeten arbeiten an ihrer Heilung, die kleinen Waisen begreifen immer noch nicht, dass ihre Eltern nicht mehr zurückkehren werden, die Witwen sehnen sich weiterhin nach der Umarmung ihres Liebsten. Früher hat uns die Lebensfreude in den Gesichtern der Menschen hier begeistert. Heute sieht man kaum noch etwas davon. Durch den Einsatz der Reservisten haben viele Unternehmungen (insbesondere die kleinen) große Schwierigkeiten den Betrieb am Laufen zu halten. Aufgrund des eingebrochenen Tourismus kämpfen Hotels und Reiseleiter um ihre Existenz. Nach 18 Monaten ist es nicht klar, in welche Richtung es weitergeht: Die Hamas hat sich nicht ergeben, der Libanon ist nicht stabil, die Huthis aus dem Jemen feuern weiterhin Raketen ab, der Iran droht. Man kann nichts planen, ohne mit dem nächsten Raketenbeschuss rechnen zu müssen. Auch wir haben uns angewöhnt, mit einer Decke im Auto unterwegs zu sein, damit man im Notfall nicht im Straßenstaub liegt und entsprechend unpassend beim nächsten Meeting auftaucht. Die Frage nach dem Luftschutzraum ist ebenfalls zur Routine geworden. Auch während dieser Tage, als wir in Israel waren, gab es fast täglich Raketenalarm. Noch nie seit der Staatsgründung hat ein Krieg so lange gedauert – und so wenig gebracht. Es ist diese Unsicherheit, die den Menschen hier extrem zusetzt. Aber gleichzeitig sagen alle: „wir werden auch das hier überstehen – so wie alles andere. Und wir werden auch aus dieser Erfahrung lernen und am Ende stärker sein als vorher“. Sie sind entschlossen, nicht aufzugeben aber trotzdem hoffen alle, dass dieses Ende nicht in allzu langer zeitlicher Entfernung liegt. Und dann gibt es diese wunderbaren Organisationen, die wir Euch in diesem Reisetagebuch vorgestellt haben, die ihre Aktivitäten zur Wiederherstellung der Betroffenen nicht einstellen werden, bis genau dieses Ziel, stärker zu werden, erreicht ist. Ein Ziel, das wir mit ganzem Herzen und aller Kraft unterstützt haben und dies auch weiterhin tun werden. AUSBLICK Heute fliegen wir ab, schmieden aber bereits Pläne für die Zukunft. Wird unsere nächste Reise eine private Freundschaftsreise sein, um all die wunderbaren Menschen, die zu Freunden geworden sind, wiederzusehen? Oder werden wir mit einer Reisegruppe kommen, um auch anderen zu zeigen, was uns hier so berührt und beeindruckt? Werden wieder mehr Menschen im nächsten Jahr den Mut haben, hierher zu fliegen; wird Israel dann endlich Frieden haben? Auf jeden Fall: sobald es möglich ist, werden wir so eine Reise planen. Eine Reise zu den Ursprüngen und in die Geschichte des modernen jüdischen Staates, eine Reise zu dem Herzen des jüdischen Volkes, eine Reise, die auch Verständnis für das, was in den letzten eineinhalb Jahren geschehen ist, schafft. Eine Reise zu den lieb gewordenen Freunden, zu den betroffenen Familien und auch zu den Organisationen, die hier mit großem Engagement und Herzblut daran arbeiten, das Land wieder aufzubauen. Und wir haben auch die perfekte Reiseleiterin dafür: Corinne. Sie war es, die uns vor vielen Jahren bei unseren ersten Schritten in Israel begleitete und leitete. Und wir werden ihr für immer dankbar sein, dass sie uns Israel auf die Art und Weise nahebrachte, wie sie tat. Aus jener ersten gemeinsamen Erfahrung ist eine Freundschaft geworden, die wir bei jeder Gelegenheit auffrischen. Auch diesmal haben wir sie wieder getroffen, leider viel zu kurz, weil wir schon zum nächsten Meeting mussten, aber dennoch. Sie kam aus Zichron Jakov und wir aus Jerusalem. Und dann saßen wir mitten in Tel Aviv in einem schönen Café im Sarona Viertel zusammen. Und wieder haben wir gemerkt, wie tief die Herzensverbindung zwischen uns ist. Aber zurück zum Reiseprojekt: Viele Menschen, kommen relativ unberührt aus Israel zurück. Ein weiteres Reiseziel, das zur Allgemeinbildung gehört und dass jetzt abgehakt werden kann. Bei uns war das nicht der Fall. Während unserem ersten Besuch hier, begannen unsere Herzen für Israel zu brennen und unsere Liebe ist seither nur immer stärker geworden. Diese Erfahrung wünschen wir auch allen andern und möchten mit einer von uns organisierten Reise dazu beitragen. Deshalb hoffen wir, Euch beim nächsten Mal nicht nur virtuell, sondern ganz persönlich mitzunehmen. In diesem Sinne, auf Wiedersehen, Lehit'raot in Israel, bis nächstes Jahr in Jerusalem! Eure Brigitte & Harald
