Wie wir das Wunder Israel erlebt haben
von Brigitte B. Nussbächer
Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.
Vorausgegangen war eine eher mühsame Entscheidungsfindung. Israel einmal zu besuchen gehörte zur „Allgemeinbildung“ von Christen. Trotzdem hatte es mich nicht hingezogen und die Berichte derer, die von Reisen aus Israel zurück kehrten, hatten wenig dazu beigetragen, es zu ändern. Wenn sie von den sogenannten „Heiligen“ Stätten berichteten, fragte ich mich immer, was es mir denn bringen würde, diese Ruinen oder Gedenkkirchen anzusehen. Viel mehr interessierte mich, was Gott heute in der Gegenwart erlebbar machte.
Letztlich war es dann tatsächlich auch ein anderer Gedanke, der den Anstoß zu dem Besuch gab. 2018 feierten mehrere nach dem 2. Weltkrieg gegründete Staaten ihr 70. Jubiläum – darunter auch Israel. Nachdem wir Dokumentarfilme über Indien und Pakistan zu dem Thema gesehen hatten, fragte ich mich, wie wohl Israel diese 70 Jahre genutzt hatte. Im Vergleich zu den anderen Staaten musste es ungleich schwerer gewesen sein, aus dem Nichts etwas aufzubauen. Noch 1867 hatte Marc Twain das Land als desolat, eine stille, traurige Weite ohne Mensch, Baum und Strauch bezeichnet. Was war daraus geworden?
Und so begaben wir uns auf eine geschichtliche Studienreise, was sich im Nachhinein als Volltreffer erwies. Nie hätten wir in einem Individualurlaub so viel erfahren und kennen gelernt.
Noch während wir vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv fahren, hören wir die Entstehungsgechichte dieser Stadt, von der Parzellverlosung an ein paar Dutzend Familien nördlich der jahrtausende alten Hafenstadt Jaffa im April 1909. Diese wollten auf den Sanddünen, die der niederländische Bankier Jacobus Kann gekauft hatte, die erste jüdische Stadt der Moderne bauen. Und dann fahren wir auch schon an den ersten Hochhäusern vorbei und nach Tel Aviv hinein, welches heute (rund 100 Jahre später) die modernste und weltoffenste Metropole des gesamten Nahen Ostens ist.
Im sehr originell und lebendig gestalteten Palmach Museum in Tel Aviv erfahren wir von dem beeindruckenden Kampf des jüdischen Volkes für seine Unabhängigkeit. Und von der Vorgeschichte: als die UN 1947 beschloss, das ehemalige britische Mandat in 2 Länder aufzuteilen: ein jüdisches und einen arabisches. Von dem Protest der Araber und von dem Druck, der auf die Juden ausgeübt wurde, diese Chance nicht zu nutzen. Von der Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 und von dem Angriff der 5 arabischen Länder Ägypten, Syrien, Jordanien, Irak & Libanon um Mitternacht am gleichen Tag.
Man muss sich die damalige Situation vergegenwärtigen. Ca. 650.000 Juden, viele von ihnen Holocaustüberlebende, die gerade erst das Grauen hinter sich gelassen hatten, versuchten Israel, welches als neugegründeter Staat keine Armee besaß, mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern gegen eine Mehrheit von 160 Millionen Arabern (ausgerüstet mit Panzern, Artillerie, Schützenpanzerwagen, Flugzeugen und Kriegsschiffen) zu verteidigen. Ein Verhältnis von 1 : 246! Dabei wird einem die menschliche Ausweglosigkeit bewusst und dass das Überleben Israels ein Wunder ist. Mit Tränen in den Augen verlasse ich das Museum. Jetzt verstehen wir, welch hohen Preis das jüdische Volk (nach der Auslöschung der 6 Millionen durch den Holocaust) im Unabhängigkeitskrieg für seine Existenz bezahlt hat.
Umso mehr staunen wir über die Lebensfreude und Energie, die heute auf den Strassen Tel Avivs spürbar ist und die wir bei den Menschen, denen wir begegnen, erleben. Wir sehen die Fähigkeit dieses Volkes schnell aus dem Nichts etwas aufzubauen (sie haben weltweit die 2 höchste Anzahl von Start Ups), ihre Genialität Lösungen für scheinbar Unlösbares zu finden, wie zum Beispiel mit Wasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer den Wassermangel zu beheben und durch computergesteuerte Tröpfchenbewässerung Plantagen in der Wüste anzubauen. Wir sind überrascht, dass Israel die zweithöchste Akademikerquote und die dritthöchste Patentquote der Welt hat und bewundern, dass 23% aller Nobelpreisträger aus diesem kleinen Volk, dass nur 0,2 % der Weltbevölkerung ausmacht, stammen.
Wir erleben ihre Kreativität sowie ihren Sinn für Kunst und Schönheit. Israel hat gemessen an der Anzahl der Einwohner die meisten Museen und Orchester per capita und liegt auf Platz 2, was die Anzahl der verlegten Bücher anbelangt. Wer hier ein Konzert besucht, wird einem sehr hohen künstlerischen Niveau und großer Begeisterung des Publikums begegnen.
Wir streifen durch Städte, Orte, Landschaften und sind beeindruckt: unglaublich was hier in nur 70 Jahren geschaffen wurde. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist, Innovation und Durchhaltevermögen überall blühendes Leben entstehen lassen. Israel ist das einzige Land, in dem die Wüste rückläufig ist, Millionen Bäume wurden gepflanzt und entlang der Autobahn blüht tropfenbewässerter Oleander. Aus dem armen Agrarstaat ist ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung entstanden. Israel gehört heute zu den 10 einflussreichsten Ländern der Welt und liegt auch im Happiness Ranking vorne. (Siehe Grafik unten)
Je mehr Israelis wir persönlich kennen lernen, desto mehr schätzen wir ihre konstruktive Einstellung, ihre Dynamik und ihren Mut – trotz ihres bis heute andauernden Ringens um ihr Recht auf Existenz.
Wir hören von den Kämpfen im 6 Tage Krieg 1967, von der Befreiung der Altstadt Jerusalems und wie die Juden wieder Zugang zu ihrer heute heiligsten Stätte, der Westmauer, erlangten.
Und von dem „Tal der Tränen“, so benannt nach der anfänglich auswegslosen Situation im Jom Kippur Krieg 1973, als die syrische Armee mit über 1.000 Panzern im Norden Israels einbrach und von weniger als 200 Panzern auf israelischer Seite aufgehalten wurde.
Wir sehen den Wiederaufbau nach wiederholter Zerstörung, sei es nun die Hurva Synagoge in Jerusalem oder die Siedlungen in Gush Etzion.
Und wir nehmen wahr, dass selbst die häufigen Terroranschläge in dieser Gegend den Menschen weder die Lebensfreude noch den Lebensmut rauben können, auch wenn sie schmerzliche Verluste zu beklagen haben.
Wir erleben die „Wächter Israels“, die jungen Soldaten und Soldatinnen auf den Straßen, die für Sicherheit sorgen und lauschen den Zeugnissen von sogenannten „einsamen“ Soldaten, die freiwillig ihr Heimatland, Verwandte, Freunde und ein angenehmes Leben verlassen, um in der IDF (Israels Defence Forces) zu dienen. Tatsächlich spielt die IDF auch eine wichtige Rolle bei der Integration und der Schaffung eines gemeinsamen Nenners in der israelischen Gesellschaft.
Denn die Bevölkerungsvielfalt ist erstaunlich. Die Holocaust Überlebenden von überall aus Europa, die ca. 700.000 Juden, die nach Israels Gründung aus den umliegenden arabischen Ländern vertrieben wurden, die Einwanderung aus Afrika und die großen Aliyah-Wellen aus der ehemaligen Sowjetunion haben alle dazu beigetragen. Die Bevölkerungszahl Israels hat sich in den letzten 75 Jahren ver-14-facht (im Vergleich dazu hat sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren „nur“verdoppelt).
Am liebsten hören wir jedoch die Geschichten von jenen, die freiwillig nach Israel kamen, weil sie es als ihre Aufgaben betrachten, dieses Land aufzubauen und sich mit großer Energie dafür einsetzen.
Was uns aber am allermeisten beeindruckt – und tatsächlich auch überrascht hat - ist die intensive, innige und lebendige Beziehung, die viele Juden zu Gott haben. Da uns in den säkularen, kirchlichen und freikirchlichen Kreisen, aus denen wir stammen, die Rolle und Bedeutung von Israel und dem Judentum nicht vermittelt worden war, weder als geistliche Wurzel noch für die Zukunft, waren wir implizit davon ausgegangen, dass so eine Beziehung zu Gott nur bei Christen möglich sei. Jetzt sahen wir mit eigenen Augen wie falsch diese Annahme war.
Heute weiss ich, dank dem erschütterndem Buch „Holocaust“ von Susanna Kokkonen, dass der christliche Glaube bewusst vom Judentum differenziert wurde, seit Kaiser Konstantin der Große die Anerkennung des Christentums als rechtmässige Religion einführte, sich aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Kirche ernannte und das erste Konzil im Jahre 325 einberief. Er erklärte, dass die Juden für den Tod Jesu verantwortlich wären, also betrachtete man sie als „Gottesmöder“; verdammt und der Gnade Gottes und der Menschen unwürdig. Eine weitere Lehre dieser Zeit, die „Ersatztheologie“ besagt, dass Israel seine Rolle in Gottes Plänen verspielt hätte und die Christen nun das neue Israel seien. Die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, beziehungsweise glaubten, dass Gott diesen Bund aufgehoben hätte.
Der Einfluss dieser Lehren die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Judenverfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. Hier liegt der idelogische Ursprung von Inquisition, Progromen, Kreuzzügen und Holocaust.
Eine Konsequenz daraus war, das einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Beispiele dafür sind christliche Feste, die alle ihr Äquivalent in den jüdischen biblischen Festen haben (z.B. Passah-Ostern, Schavuot-Pfingsten, Weihnachten-Chanukka) oder auch andere Bräuche: so zum Beispiel ist die jüdische Bar Mitzwa, bei der junge Erwachsene in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen werden, das Vorbild für Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe - um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Das gleiche spiegelt sich auch in der Kunst. Wer z. B. durch die Uffizien von Florenz streift, (eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt mit Werken der Malerie und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock), stellt fest, dass es aus dem Alten Testament Bilder von Adam und Eva gibt. Das nächste große Thema ist die Ankündigung von Jesu Geburt. Alles was dazwischen liegt, ist ausgeblendet.
So sind sich viele bis heute des jüdischen Erbes nicht bewusst. Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit (und die, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich jahrelang für Derek Prince Ministries gearbeitet habe), fasste es einmal so zusammen: Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes.
Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel , keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden.
Aber obwohl wir Derek Prince persönlich begegnet waren und viel von unserem Israel-Bild von seinen Worten geprägt war, mussten wir feststellen, dass auch wir Gefangene des Denkens der Kirchenväter waren. Auch wir hatten gedacht, dass die Juden verloren sein mussten, da man ja nur durch Jesus zum Vater kommen könne und übersahen dabei geflissentlich, dass Paulus in Römer 11 eindeutig sagt, dass Gott sein Volk nicht verstossen hat (Vers 1), dass er seine Gaben nicht zurück fordert und die Zusage seiner Erwählung nicht widerruft (Vers 29).
Und jetzt waren wir in Jerusalem und begegneten dem jüdischen Volk Israel erstmalig in seinem eigenen Land.
Was für uns ganz eindeutig wurde, war, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht zu erklären sind, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurück führen. Hier in Israel war Gott überall im Alltag erlebbar.
Seit über 2000 Jahren spricht die Bibel von einem lebendigen Gott, der Israel als sein Volk auserwählte und der verhieß, dies Volk nach seiner Zerstreuung wieder in das Land seiner Vorfahren zurück zu bringen und es besonders auszustatten. Dies jedoch auf einmal mit unseren eigenen Sinnen zu sehen, zu beobachten, veränderte uns.
Als wir am Ufer vom See Genezareth sassen, kam mir der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wurde, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen das, was Gott in und mit Israel tut, nicht erkennen – obwohl es ebenso offensichtlich und eindeutig ist.
Wir begannen die Bibel mit anderen Augen zu lesen. Was wir bis dahin überlesen hatten, stach jetzt deutlich hervor.
Wenn man sich vergegenwärtig, dass Jesus in Matthäus 5,17 selber gesagt hat „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“, dann kann man die Bedeutung von Israel und Jerusalem schwer überlesen.
Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein – steht in Joel 3,5
Und Sacharjia weissagt in Kapitel 8, 22: Menschen aus großen und mächtigen Völkern werden nach Jerusalem kommen, um den HERRN, den Allmächtigen, zu suchen und den HERRN gnädig zu stimmen.
Jesaja prophezeit in Kapitel 60, 2-3: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir (Zion) geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.
Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.
Die Bibel spricht in Sacharja 8,23 davon, dass „in jenen Tagen zehn Menschen aus Völkern mit lauter verschiedenen Sprachen einen Mann aus Juda am Rockzipfel festhalten werden und bitten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott bei euch ist“ - für uns sind diese Tage bereits angebrochen…die Beziehungen zu unseren jüdischen Freunden und die Verbindung zu Israel sind zu einer der wertvollsten Konstanten, einer Bereicherung und einer Quelle des Lernens in unserem Leben geworden.


„Bruchim haba'im le’Israel - Willkommen in Israel” klang die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern und das Flugzeug rollte langsam zur finalen Position. Wir sahen neugierig aus dem Fenster. Was würden wir in diesem Land, über das so viel Widersprüchliches berichtet wird und dass es vor 100 Jahren noch nicht gab, vorfinden? Ich wusste damals nicht, vor welcher lebensverändernden Erfahrung ich stand!
Musik in der Wüste
Teil 6 aus dem Zyklus: Facetten der Wiederherstellung (Vision für die Zukunft)
von Brigitte Chaya Nussbächer

Das Vituosen Duo Shaul und Julia. Foto Privat
Während viele Orte an der Grenze zu Gaza in Trümmern und Asche liegen, ist das Haus von Shaul und Julia eine Festung der Hoffnung. Sie haben ihre Visionen bewahrt und ihre Lieder erzählen von der Zukunft, von den Möglichkeiten, die vor uns liegen. Eine leise Stimme, die dennoch so viel lauter ist als die Detonationen des Krieges. Diese Musik tröstet und lässt aufatmen - sie ist ein Triumpf des Lebens.
Aus dem Nichts

Tröpfchenbewässerte Dattelplantage in der Wüste. Foto privat
Ein Hauch von Himmel im April 2025
An diesem Tag küsst eine warme Frühlingssonne unsere Stirn und streichelt eine sanfte Brise unsere Wangen. Die Eukalyptusbäume flüstern geheimnisvoll mit dem Wind, es klingt wie ein silbernes Rauschen. Erst in großer Ferne begegnen sich Himmel und Erde am Horizont. Vor den Augen erstreckt sich ein weites Feld, ein grüner Hain.
Und hier, im Schatten des Eukalyptusbaumes, steht ein Musikerehepaar: Julia und Shaul Ben Har geben ein Konzert. Das Gras ist ihre Bühne, das Himmelsgewölbe ihre Konzerthalle, die Sonne der Scheinwerfer, der alles erhellt. Sie geben es für uns – sie geben es für die unsichtbare Welt, als einen Ausdruck ihrer Vision.
Denn sie träumen davon, hier eine Freilichtbühne zu errichten, auf der Ensembles aus allen Ländern Musikwelten entstehen lassen und einen mitnehmen auf diese Ton-Reise der Seele.
Wir hören zu und sind gebannt, wie verzaubert. Wir haben das Gefühl, einen prophetischen Augenblick mitzuerleben. Diese beiden Virtuosen lassen durch die Lieder, die sie hier im Wind spielen, ihre Vision so lebendig werden, als sei alles schon vollendet – hier im Hevel Shalom, der sogenannten Friedensgegend, nur vier Kilometer von Gaza und Ägypten entfernt.

Hoffnung & Lebensfreude sind lauter als Detonationen. Foto privat
Und während sie spielen, ist dieser Traum Wirklichkeit. Ihre wunderbaren Stimmen, die Töne, die sie ihren Instrumenten entlocken steigen empor und wir lassen uns mitnehmen in eine andere Welt. Wir sehen diese Bühne, wir hören die himmlische Musik, wir spüren die Kraft, die sie verleiht.
Vor einem Jahr
Im April 2024 lernten wir Shaul und Julia kennen, als wir entlang des Gazastreifens unterwegs waren, um betroffenen Familien zu helfen und über die Lage zu berichten.
Yated liegt vier Kilometer von der Grenze zu Gaza entfernt. Das heißt, die Menschen hier hatten ein paar Minuten mehr Zeit, sich zu wappnen, als in den beim Überfall am meisten zerstörten Kibbuzim. Es traf den Ort daher nicht ganz so hart.
Shaul musizierte während des Angriffs, um sich gegen den Geist des Todes, den sie spürten, zu wehren – das gab allen im Haus ein Gefühl von Schutz und Sicherheit. Sie wurden von der israelischen Armee evakuiert, weil überall Terroristen waren und die Gegend lange nicht sicher war. Das unglaubliche Leid, das sie um sich sahen, setzte ihnen sehr zu. Eine Woche lang waren sie wie sprachlos. Das Nicht zu Hause sein können, die Sorge um ihren Sohn, der bei der Armee diente und um ihr Heim, für das sie so lange gearbeitet hatte, zehrte sehr an ihnen.
Doch in all dem Elend begannen sie auch von Wundern, die sich inmitten der Verzweiflung zugetragen hatten, zu hören und die innere Leere begann langsam zu weichen. Nach drei Monaten gehörten sie zu den Glücklichen, die in ein fast unversehrtes Zuhause zurückkehren konnten.
Der weite Weg nach Israel
Shaul und Julia wurden beide in Moldawien geboren. Shauls Großeltern wurden während dem Holocaust bei Babyn Jar, Kiew, in der heutigen Ukraine ermordet. Während seiner Kindheit war er sich seiner jüdischen Wurzeln nicht bewusst und begann sie erst später zu entdecken. Das veränderte sein Leben für immer und führte letztendlich 1996 zur ihrer Einwanderung nach Israel – und zu dem Aufbau eines neuen Lebens.
Die beiden treten jetzt seit über 20 Jahren in Israel und in der ganzen Welt als Solistenpaar auf, ein Virtuosen Duo das über eine breite Palette von Stilen und Instrumenten sowie über besondere stimmliche Fähigkeiten verfügt! Auch in Deutschland hatten sie schon wiederholt Aufführungen und haben ihr Publikum begeistert. (Anbei kurze Hörproben ihrer Musik: www.musicfield.co/en/gallery).
Nach der Geburt ihrer Kinder bauten sie ihr Zuhause im Viertel Havel Shalom, der sogenannten „Friedensregion“; diesem Drei-Länder-Eck in der westlichen Negev Wüste, und ließen sich dort dauerhaft nieder.
Sie wirken auch heute noch so voll jugendlicher Energie, dass man es kaum glauben mag, dass ihre Kinder mittlerweile erwachsen und verheiratet sind.
Eine Festung der Hoffnung

Oase der Gastfreundschaft. Foto privat
Das ist beachtlich, besonders wenn man bedenkt, wie wenig Raum es während der vergangenen Jahre für Musik gab: zunächst durch die harten Restriktionen während der Corona-Pandemie und danach durch das Massaker der Hamas.
Doch lange können Israelis nicht ohne Musik leben. Sogar in Konzentrationslagern gab es Orchester. In den Gründerjahren des jungen Staates, als noch keine Musikhallen gebaut waren, wurden legendäre Konzerte unter freiem Himmel abgehalten und das Publikum saß am Boden oder in den Ästen der umliegenden Bäume.
Und so steigt die Nachfrage wieder und sie veranstalten Konzerte in ganz Israel, das letzte erst am Abend vor unserem Besuch, im Norden, auf den Golanhöhen. Sie haben unglaublich viel zu teilen. Die Stärke, die Wärme, die Schönheit ihrer Seelen hat in der Musik ein perfektes Ausdrucksmittel gefunden. So bringen sie Zuversicht und Lebensfreunde zu ihren Zuhörern und sind ein beeindruckendes Beispiel für die Resilienz der Israelis, die niemals aufgeben, sondern ihre Heimat in Zion immer wieder neu aufbauen.
In ihren Herzen tragen Shaul und Julia eine große Vision, nämlich den Traum vom Musik Hain, einem heute begrünten Ort in der Wüste, nicht weit von ihrem Moschaw entfernt, wo ein Musikzentrum im Freien entstehen soll. Ihr Ziel ist es, mit dem Kulturprojekt „Field of Music“ im Shalom Grove einen kreativen Begegnungsort zu schaffen – ein lebendiges Zentrum für Künstler, Besucher und kulturellen Austausch.
Im April 2025 fahren sie, auf unseren Wunsch, mit uns dahin und geben das anfangs erwähnte kleine, wunderbare Konzert für uns. Es ist fast überirdisch schön und der Same ihrer Vision geht in unseren Herzen auf. Wir spüren, dass wir Verbündete sind, die mit Liedern und Geschichten Licht & Hoffnung verbreiten wollen.
Wir sind zutiefst berührt und dankbar, dass wir diesen Blick in die Zukunft miterleben dürfen – und werden sie nach Kräften dabei unterstützen, diese Vision mit viel Einsatz, Durchhaltewillen und Kreativität wahr werden zu lassen.
Denn wir sind überzeugt: so wie der Traum der Pioniere, die Wüste zu begrünen, mit viel Hingabe, Resilienz und Innovation umgesetzt wurde, genauso wird auch diese Vision in kommenden Jahren zu einer lebendigen Realität werden! Dies ist der Stoff, aus dem Israel gemacht ist. Dies ist die innere Stärke, die dieses Volk über 2000 Jahre am Leben erhielt. Dies ist das Geheimnis, wieso Israel nicht ausgelöscht wurde und letztlich trotz aller Verluste unbesiegt blieb.
Vergesst nicht, für Eure nächste Israel-Reise einen Konzertbesuch in Yated bei Julia und Shaul einzuplanen.
Die Geschichte von Shaul und Julia ist Teil des Zyklus: Facetten der Wiederherstellung.
Brigitte Chaya Nussbächer und ihr Mann Harald Bottesch sind regelmäßig in Israel. Aktuell ist ihr Schwerpunkt Familien zu unterstützen, die von dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 direkt betroffen waren: Witwen und Waisen, Traumatisierte und Evakuierte. Bei ihrem letzten Israel-Einsatz im April 2025 haben sie erneut Betroffene besucht und Verbindungen mit spezialisierten Organisationen vor Ort geknüpft um spezifisch, langfristig und nachhaltig zu helfen.
Wenn Sie über neue Artikel oder Veranstaltungen von ARC to Israel informiert werden möchten, geben Sie uns bitte eine kurze Rückmeldung via Kontaktformular. Wir würden uns freuen mit Ihnen verbunden zu bleiben.
Erstveröffentlichung: 25. Juli 2025
Copyright © Brigitte Chaya Nussbächer; Abdruck nur nach vorheriger Genehmigung
Hier finden Sie andere Artikel von Brigitte Chaya Nussbächer

Wir stehen in der westlichen Negevwüste, in der es früher nur Sanddünen gab. Damals fand man hier keinen Strauch, keinen Baum, keinen Menschen. Als eine "trostlose, verlassene Einöde" beschrieb Mark Twain diesen Landstrich, ohne jedes Potential. Vielleicht zogen manchmal Beduinen-Karawanen durch, die froh waren, wenn sie die karge, einsame Gegend hinter sich ließen.
Doch dann geschah ab 1950 etwas, das (in einer anderen Größenordnung), fast die Schaffung einer kleinen Welt ist. Der Vision des Staatsgründers David Ben-Gurion folgend, die Wüste zum Blühen zu bringen, begannen israelische Pioniere sich hier anzusiedeln und nach Möglichkeiten zu suchen, das Land urbar zu machen. Mit Erfolg – in Israel schrumpfte die Wüste, was weltweit einzigartig ist. Dafür entstanden Plantagen, begrünte und bewaldete Flächen, die heute durch Tröpfen-Bewässerung, über unzählige Schläuche, am Leben gehalten werden.
Und obwohl wir im Hintergrund die Einschläge von Bomben von der nahen Gazafront hören, obwohl ihr nahegelegener Moshaw von einem Stacheldrahtzaun, einem schweren Metalltor und Soldaten geschützt werden muss, fliegen unsere Seelen mit den Tönen ihrer Melodien weit über alle diese Grenzen.
Es ist ein Lied der Hoffnung das sie spielen und es lässt die grauenvollen Schreie des Massakers vom 7. Oktober leiser werden, ebenso wie das verzweifelte Weinen der Hinterbliebenen. Es erzählt von der Zukunft, von den Möglichkeiten, die vor uns liegen, wenn wir uns danach ausstrecken; von Gottes Schöpfung und Allmacht, von Vergebung und Liebe und von der Freude am Leben. Es tröstet, es lässt aufatmen, die Seele beginnt zu träumen - es ist ein Triumpf des Lebens. Es ist eine leise Stimme, die so viel lauter ist als die Detonationen der Sprengladungen.
Ihr Haus in Yated erlebten wir als eine Oase der Gastfreundschaft und als eine Festung der Hoffnung. Während viele Orte an der Grenze zu Gaza in Trümmern und Asche liegen, empfingen sie uns mit Herzlichkeit und Optimismus.
Wie durch ein Wunder blieben sie am 7. Oktober verschont und ebenfalls, wie durch ein Wunder, ist es ihnen gelungen, ihre Visionen und Träume zu bewahren. Obwohl sie in einer Gegend wohnen, in der sie seit über 600 Tagen fast ständig den Kriegslärm und die Explosionen von der nahen Gaza Front hören, sind die Lieder, die sie in ihrem Inneren tragen, nicht verstummt.

Open Air Konzert im April 2025. Foto privat

