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Das Lächeln der Hoffnung
Teil 4 aus dem Zyklus: Facetten der Wiederherstellung (Neues Leben für Witwen & Waisen)
von Brigitte B. Nussbächer

Die Organisation für Witwen & Waisen (IDFWO)

Seit dem 7. Oktober weinen Witwen und ihre Kinder um das Unersetzliche:

den Verlust des Liebsten, den Verlust des Vaters. 

Die IDFWO fängt sie auf. Sie ist Familie. Hoffnung. Heimat im Schmerz. Durch ihre Programme lernen Kinder wieder lächeln, Mütter schöpfen neue Kraft, Gemeinschaften entstehen. Mit Liebe und Begleitung schenkt sie Perspektiven und das Versprechen: Ihr seid nicht vergessen.


Und wir können mithelfen!

Eine klare Mission: Niemand soll alleine sein.

Die IDFWO ist mehr als eine Organisation – sie ist eine Familie. Eine Familie für die Witwen und Waisen der IDF, die das Furchtbare durchlebt haben: den Verlust eines geliebten Menschen im Dienst für Israel. 1991, knapp 20 Jahre nach dem Jom Kippur Krieg wurde die Organisation, als eine Initiative der damaligen Witwen gegründet, um ihnen eine Stimme und ein Sprachrohr in der Öffentlichkeit zu geben.

Bei Shlomi

Begegnung mit Shlomi in Petach Tikva. Foto privat.

Sie setzt sich auf gesetzgeberischer Ebene, in der Öffentlichkeit und gegenüber Entscheidungsträgern für ihre Rechte ein. Mit ganzjährigen Programmen, Projekten und Aktivitäten schenkt sie den Betroffenen neue Perspektiven, ein starkes Netzwerk und das sichere Gefühl, dass Israel sie niemals vergisst. Inmitten von Trauer und Schmerz wächst eine Gemeinschaft voller Mut und Widerstandskraft – ein Ort, an dem aus Verlust Zusammenhalt entsteht und trotz Dunkelheit Hoffnung erwacht.

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Durch die Programme der IDFWO entsteht Verbundenheit. Foto IDFWO

Und das beginnt ab der ersten Minute! Wenn Soldaten oder Sicherheitskräfte im Kampf fallen oder durch Terrorakte ermordet werden, wird die IDFWO sofort nach der Familie informiert. So kann jemand von dem 21-köpfigen Team direkt Kontakt mit der betroffenen Witwe aufnehmen, um sie zu unterstützen. Das beginnt mit der Teilnahme beim Begräbnis bis zu der Bereitstellung von Nachtschwestern, die es jungen Müttern ermöglichen, Nächte durchzuschlafen und vielen anderen praktischen Hilfeleistungen. Schwangeren Witwen werden Hebammen zur Seite gestellt, die sie bis zur Geburt begleiten. Zusätzlich versteht sich die IDFWO auch als Partner der Witwen, der mithilft, die Waisen groß zu ziehen.

Ein großes Vorbild

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Shlomi, CEO der IDFWO. Foto IDFWO

Obwohl Janusz diesem Schicksal hätte entgehen können, beschloss er, „seine“ Kinder bis zuletzt zu begleiten, um ihnen diesen letzten Weg leichter zu machen. Er erklärte ihnen, dass sie sich auf einen wunderbaren Ausflug begeben würden, um an einen schönen Ort zu gelangen und dass sich alle besonders hübsch anziehen sollten. Fröhlich singend gingen sie in zweier Reihen - in den Tod! In Yad Vashem erinnert eine Skulptur an diesen besonderen Mann, der für viele und auch für Shlomi zum großen Vorbild wurde.

Die Witwen

Shlomi erzählt mit großem Verständnis von den Witwen. Von den Kinderlosen, deren größte Herausforderung es ist, nicht in ein schwarzes Loch der Isolation zu fallen.

Von denen, die Kinder haben und für sie da sein müssen und so im Alltag gefangen sind, dass sie gar keine Zeit für ihre eigene Trauerbewältigung haben. Die versuchen müssen, Vater und Mutter für ihre Kinder zu sein.

Von denjenigen, die dieser grausame Verlust während der Schwangerschaft getroffen hat und die ihre Kinder jetzt allein zur Welt bringen müssen. Von den Kindern, für die das Wort „Vater“ immer ein abstrakter Begriff bleiben wird.

Er spricht davon, dass diese Trauer, der Schmerz und die Leere nie ganz verschwinden. Selbst nach Jahren sind sie immer noch ein ständiger Begleiter dieser Familien. Denn es ist nicht nur ein einzelnes Leben, das endet. Stattdessen zerbricht ein ganzes Universum an Möglichkeiten – „Träume lösen sich auf, Zukünfte verflüchtigen sich, und was bleibt, ist eine Landschaft aus akutem Schmerz und verwirrendem Verlust“.

Deshalb leistet die IDFWO nicht nur medizinische und finanzielle Hilfe. Sondern sie hilft auch dabei ein neues Leben aufzubauen. Durch Aktivitäten wie Vorträge, Tagesausflüge, Erlebnisworkshops, Singabende und Spaßtage, entstehen regionale Gemeinschaften.

Fortbildungskurse helfen Witwen dabei, neu oder tiefer ins Arbeitsleben einzusteigen. Durch gemeinsame Reisen ins Ausland werden Perspektiven jenseits der Routine eröffnet und wertvolle Beziehungen zu den Gruppenteilnehmern ermöglicht.

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Segelkurse bei der IDFWO. Foto IDFWO

Otzma-Camps für Waisen

Shlomi selbst hat sich insbesondere den Kindern gewidmet und das Projekt der Otzma (Kraft) -Camps ins Leben gerufen. Auf diesen Camps werden Kinder im Alter von 6-18 Jahren betreut. Sie finden insbesondere an den Feiertagen wie Chanukka, Pessach und Sukkot statt. Viele dieser Kinder haben Schwierigkeiten, Anschluss an andere Gleichaltrige zu finden, nachdem sie ihren Vater verloren haben. Sie müssen sich in einer Welt behaupten, in der so wenige ihr Schicksal und ihren Verlust kennen und verstehen. Sie erleben, dass die meisten ihren Schmerz weder teilen noch nachvollziehen können.


Bei den Otzma-Camps, kommen diese Kinder mit anderen Waisen zusammen. Diese Camps bieten ihnen die Möglichkeit in einer Gemeinschaft, in der sie sich verstanden und geschützt fühlen, neue Lebensschritte zu gehen.


Hier müssen sie keinem erklären, wie sehr ihnen der Vater fehlt. Und wie schwer es für sie ist, mitzuerleben, dass auch ihre Mutter nicht mehr die Gleiche ist. Dass ihr Zuhause sich für immer verändert hat. Wie sehr sie die Geborgenheit vermissen, die sie früher in ihrer Familie gefunden haben, wie sehr sie sich manchmal danach sehnen, sich in starke Vaterarme flüchten zu können. Hier können sie offen sein, frei von dem erzählen, was sie erlebt haben und wie es ihnen damit geht. Sie können zusammen weinen, sich austauschen und voneinander lernen.

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Auf den Otzma Camps entstehen lebenslange Freundschaften. Fotos IDFWO

Und hier beginnen sie auch wieder zu lächeln, zu spielen, sich zu freuen und das Leben zu meistern. Hier entstehen Freundschaften, die sie durch das ganze Leben tragen.

Mitzuerleben, wie diese Kinder langsam ins Leben zurückfinden und lernen, mit ihrem Verlust umzugehen, wie sie wieder hoffnungsvoll und zuversichtlich in die Zukunft schauen, wie langsam Heilung und Wiederherstellung geschieht, das ist das, was Shlomi für seine Arbeit inspiriert und ihm immer wieder neue Kraft einflößt.

Nach dem 7. Oktober 2023

Nach dem Massaker der Hamas ist die Situation extrem herausfordernd geworden. Andere Organisationen freuen sich, wenn sie wachsen. Doch bei der IDFWO ist das anders. Seit dem 7. Oktober sind mehr als 350 Witwen hinzugekommen und werden mehr als 730 Waisenkinder zusätzlich betreut. Entsprechend musste sich auch das Team auf 21 Mitarbeitende verdoppeln, um den - mit einem Schlag - entstandenen, zusätzlichen Bedarf gerecht zu werden. Auch 240 Freiwillige helfen mit.

Es ist für die Mitarbeitenden nicht leicht, mit all dem Leid, dass sie umgibt, umzugehen. Shlomi berichtet, dass er am Tag des Massakers eine bewusste Entscheidung getroffen hat, seine Gefühle weg zu sperren und auszuschließen. Nur so ist es ihm möglich, den unermüdlichen Einsatz zu erbringen, der in diesen Tagen gefordert ist. Er spürt die Verantwortung der historischen Rolle, die er als Leiter der einzigen Organisation innehat, die sich um Witwen und Waisen der gefallenen Soldaten und Sicherheitskräfte kümmert und die von der Regierung akkreditiert ist. Und er spürt, dass er zu einem emotionalen Wrack würde, wenn er all das an sich heranlassen würde.

Und so strahlt er weiter Stärke, Empathie und Hilfsbereitschaft aus und ist fast rund um die Uhr erreichbar. Dass er selbst eine Familie hat, und dass seine eigene Frau zum Zeitpunkt des Massakers hochschwanger war, hilft ihm, die Bedürfnisse der Frauen und Kinder noch besser zu verstehen. So hat er nach dem 7. Oktober persönlich mit allen Direktoren der Krankenhäuser gesprochen, um sicher zu stellen, dass diese Witwen eine Vorzugsbehandlung bekommen.

Einer der Höhepunkte seit dem 7. Oktober war für Shlomi der Moment, wo er miterleben durfte, wie ein kleiner Junge, der seit dem Verlust seines Vaters keinen Kontakt mehr zu Altersgenossen fand, bei so einem Camp das erste Mal wieder mit anderen spielte, nachdem er erfahren hatte, dass alle Waisen waren. Und wie er das erste Mal nach endlosen Monaten wieder lächelte. Diese ersten winzigen Heilungsschritte geben Hoffnung und Ausblick – und sie geben die Kraft, mit diesem unglaublich wichtigen Dienst weiterzumachen.

Medaille

Shlomi dankt uns für unsere Unterstützung. Foto privat.

Die Geschichte der Organisation für Witwen und Waisen (IDFWO) ist Teil des Zyklus: Facetten der Wiederherstellung

 

Brigitte Nussbächer und ihr Mann Harald Bottesch sind regelmäßig in Israel. Aktuell ist ihr Schwerpunkt Familien zu unterstützen, die von dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 direkt betroffen waren: Witwen und Waisen, Traumatisierte und Evakuierte. Bei ihrem letzten Israel-Einsatz im April 2025 haben sie erneut Betroffene besucht und Verbindungen mit spezialisierten Organisationen vor Ort geknüpft um spezifisch, langfristig und nachhaltig zu helfen.

Wenn Sie über neue Artikel oder Veranstaltungen von ARC to Israel informiert werden möchten, geben Sie uns bitte eine kurze Rückmeldung via Kontaktformular. Wir würden uns freuen mit Ihnen verbunden zu bleiben.

Erstveröffentlichung: 27. Juni 2025

Copyright ©  Brigitte B. Nussbächer; Abdruck nur nach vorheriger Genehmigung

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Friedhof Witwe

Nicht alleine: die Witwen und Waisen in Israel. Foto IDFWO

5 x Davidstern

Unsere persönliche Verbindung zur IDFWO entstand durch unseren Freund Mosche aus Jerusalem, der den ersten Kontakt hergestellt hat. Durch unser Projekt für die israelischen Waisenkinder haben wir ein gemeinsames Ziel. Dieses Jahr war es uns eine besondere Freude, ihren Leiter und CEO, Shlomi, persönlich zu treffen, um unsere Zusammenarbeit zu vertiefen. 

Es passt wunderbar, dass ihr Hauptsitz in Petach Tikva (zu Deutsch: Tor der Hoffnung) liegt. Denn genau das sind sie: ein Tor der Hoffnung für betroffene Familien.

Die IDFWO begleitet die Hinterbliebenen mit emotionaler Unterstützung, finanzieller Hilfe, Bildungsmöglichkeiten und einer Gemeinschaft, die Kraft und Halt gibt.

Shlomi, der heutige Geschäftsführer der IDFWO, trat der Organisation vor 15 Jahren bei und war zunächst Direktor für das Jugendprogramm. Davor hatte er schon reiche Erfahrung im Erziehungswesen gesammelt. Seit 2021 hat er die Geschäftsführung übernommen.

Wenn man ihn fragt, was für seine Entscheidung ausschlaggebend war, nennt er zwei Gründe. Da ist einmal seine Mutter, die selbst als Waise aufgewachsen ist und durch deren Lebensgeschichte er viel Einblick erhalten hat.

Und dann ist da noch Janusz Korczak, der jüdische Schriftsteller und Arzt in Polen, der seine medizinische Karriere aufgab, um zunächst eins und danach zwei jüdische Waisenhäuser zu leiten. 1940 mussten sie in das Warschauer Ghetto umziehen und im August 1942 wurden sämtliche Kinder zur Deportation in das Vernichtungslager Treblinka abgeholt.

Besondere Wirksamkeit haben die Segelseminare, denn das Einüben der Bedienung und des Manövrierens eines Bootes, kann zu einer lebensverändernden Reise werden. 

 

Betroffene lernen, auch ihre inneren Segel zu hissen und trotz Schwierigkeiten und Verlusten vorwärtszugehen. Ihre Fähigkeit zu navigieren, Turbulenzen zu überwinden und sicher zu manövrieren, wird zu einer tiefgreifenden und ermutigenden Erfahrung.

Bei den Teilnehmenden entsteht so die Hoffnung, durch bewusste Steuerung auch in der Realität die Kontrolle über ihr Leben wieder zu erlangen.

Boot Otzma Campt

Und so steht die IDFWO diesen betroffenen Familien bei, vom ersten Augenblick an, während der Shiva (Trauerzeit), während der ersten ein bis drei Jahre, wo es nur um Schockbewältigung und Überleben geht und danach. Ein Leben lang: Für immer verbunden. Für immer dankbar.

Jeder kann die Programme der IDFWO unterstützen und damit ein Teil der lebendigen Initiative werden, die Trauer in Hoffnung und Erinnerung in Handeln verwandelt. Gemeinsam können wir die zurückgelassenen Frauen und Kinder unterstützen, ihnen beim Wiederaufbau ihres Lebens helfen, ihre Widerstandsfähigkeit fördern und ihnen vermitteln, dass sie nie allein sind. Unser gemeinsames Engagement wird auf diese Art zu einer Quelle der Kraft und des Trostes für die hinterbleibenden Familien.

IDFWO-2023-03-22

Tagesausflug. Foto IDFWO

Wie wir das Wunder Israel erlebt haben

von Brigitte B. Nussbächer

Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.​

Vorausgegangen war eine eher mühsame Entscheidungsfindung. Israel einmal zu besuchen gehörte zur „Allgemeinbildung“ von Christen. Trotzdem hatte es mich nicht hingezogen und die Berichte derer, die von Reisen aus Israel zurück kehrten, hatten wenig dazu beigetragen, es zu ändern. Wenn sie von den sogenannten „Heiligen“ Stätten berichteten, fragte ich mich immer, was es mir denn bringen würde, diese Ruinen oder Gedenkkirchen anzusehen. Viel mehr interessierte mich, was Gott heute in der Gegenwart erlebbar machte.

Letztlich war es dann tatsächlich auch ein anderer Gedanke, der den Anstoß zu dem Besuch gab. 2018 feierten mehrere nach dem 2. Weltkrieg gegründete Staaten ihr 70. Jubiläum – darunter auch Israel. Nachdem wir Dokumentarfilme über Indien und Pakistan zu dem Thema gesehen hatten, fragte ich mich, wie wohl Israel diese 70 Jahre genutzt hatte. Im Vergleich zu den anderen Staaten musste es ungleich schwerer gewesen sein, aus dem Nichts etwas aufzubauen.  Noch 1867 hatte Marc Twain das Land als desolat, eine stille, traurige Weite ohne Mensch, Baum und Strauch bezeichnet. Was war daraus geworden?

Und so begaben wir uns auf eine geschichtliche Studienreise, was sich im Nachhinein als Volltreffer erwies. Nie hätten wir in einem Individualurlaub so viel erfahren und kennen gelernt.

Noch während wir vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv fahren, hören wir die Entstehungsgechichte dieser Stadt, von der Parzellverlosung an ein paar Dutzend Familien nördlich der jahrtausende alten Hafenstadt Jaffa im April 1909. Diese wollten auf den Sanddünen, die der niederländische Bankier Jacobus Kann gekauft hatte, die erste jüdische Stadt der Moderne bauen. Und dann fahren wir auch schon an den ersten Hochhäusern vorbei und nach Tel Aviv hinein, welches heute (rund 100 Jahre später) die modernste und weltoffenste Metropole des gesamten Nahen Ostens ist.


Im sehr originell und lebendig gestalteten Palmach Museum in Tel Aviv erfahren wir von dem beeindruckenden Kampf des jüdischen Volkes für seine Unabhängigkeit. Und von der Vorgeschichte: als die UN 1947 beschloss, das ehemalige britische Mandat in 2 Länder aufzuteilen: ein jüdisches und einen arabisches. Von dem Protest der Araber und von dem Druck, der auf die Juden ausgeübt wurde, diese Chance nicht zu nutzen. Von der Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 und von dem Angriff der 5 arabischen Länder Ägypten, Syrien, Jordanien, Irak & Libanon um Mitternacht am gleichen Tag.

Man muss sich die damalige Situation vergegenwärtigen. Ca. 650.000 Juden, viele von ihnen Holocaustüberlebende, die gerade erst das Grauen hinter sich gelassen hatten, versuchten Israel, welches als neugegründeter Staat keine Armee besaß, mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern gegen eine Mehrheit von 160 Millionen Arabern (ausgerüstet mit Panzern, Artillerie, Schützenpanzerwagen, Flugzeugen und Kriegsschiffen) zu verteidigen. Ein Verhältnis von 1 : 246!  Dabei wird einem die menschliche Ausweglosigkeit bewusst und dass das Überleben Israels ein Wunder ist.  Mit Tränen in den Augen verlasse ich das Museum. Jetzt verstehen wir, welch hohen Preis das jüdische Volk (nach der Auslöschung der 6 Millionen durch den Holocaust)  im Unabhängigkeitskrieg für seine Existenz bezahlt hat.

Umso mehr staunen wir über die Lebensfreude und Energie, die heute auf den Strassen Tel Avivs spürbar ist und die wir bei den Menschen, denen wir begegnen, erleben. Wir sehen die Fähigkeit dieses Volkes schnell aus dem Nichts etwas aufzubauen (sie haben weltweit die 2 höchste Anzahl von Start Ups), ihre Genialität Lösungen für scheinbar Unlösbares zu finden, wie zum Beispiel mit Wasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer den Wassermangel zu beheben und durch computergesteuerte Tröpfchenbewässerung Plantagen in der Wüste anzubauen. Wir sind überrascht, dass Israel die zweithöchste Akademikerquote und die dritthöchste Patentquote der Welt hat und bewundern, dass 23% aller Nobelpreisträger aus diesem kleinen Volk, dass nur 0,2 % der Weltbevölkerung ausmacht, stammen.

Wir erleben ihre Kreativität sowie ihren Sinn für Kunst und Schönheit. Israel hat gemessen an der Anzahl der Einwohner die meisten Museen und Orchester per capita und liegt auf Platz 2, was die Anzahl der verlegten Bücher anbelangt. Wer hier ein Konzert besucht, wird einem sehr hohen künstlerischen Niveau und großer Begeisterung des Publikums begegnen.

Wir streifen durch Städte, Orte, Landschaften und sind beeindruckt: unglaublich was hier in nur 70 Jahren geschaffen wurde. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist, Innovation und Durchhaltevermögen überall blühendes Leben entstehen lassen. Israel ist das einzige Land, in dem die Wüste rückläufig ist, Millionen Bäume wurden gepflanzt und entlang der Autobahn blüht tropfenbewässerter Oleander. Aus dem armen Agrarstaat ist ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung entstanden. Israel gehört heute zu den 10 einflussreichsten Ländern der Welt und liegt auch im Happiness Ranking vorne. (Siehe Grafik unten)

Je mehr Israelis wir persönlich kennen lernen, desto mehr schätzen wir ihre konstruktive Einstellung, ihre Dynamik und ihren Mut – trotz ihres bis heute andauernden Ringens um ihr Recht auf Existenz.

Wir hören von den Kämpfen im 6 Tage Krieg 1967, von der Befreiung der Altstadt Jerusalems und wie die Juden wieder Zugang zu ihrer heute heiligsten Stätte, der Westmauer, erlangten.

Und von dem „Tal der Tränen“, so benannt nach der anfänglich auswegslosen Situation im Jom Kippur Krieg 1973, als die syrische Armee mit über 1.000 Panzern im Norden Israels einbrach und von weniger als 200 Panzern auf israelischer Seite aufgehalten wurde.

Wir sehen den Wiederaufbau nach wiederholter Zerstörung, sei es nun die Hurva Synagoge in Jerusalem oder die Siedlungen in Gush Etzion.

 

Und wir nehmen wahr, dass selbst die häufigen Terroranschläge in dieser Gegend den Menschen weder die Lebensfreude noch den Lebensmut rauben können, auch wenn sie schmerzliche Verluste zu beklagen haben.

Wir erleben die „Wächter Israels“, die jungen Soldaten und Soldatinnen auf den Straßen, die für Sicherheit sorgen und lauschen den Zeugnissen von sogenannten „einsamen“ Soldaten, die freiwillig ihr Heimatland, Verwandte, Freunde und ein angenehmes Leben verlassen, um in der IDF (Israels Defence Forces) zu dienen. Tatsächlich spielt die IDF auch eine wichtige Rolle bei der Integration und der Schaffung eines gemeinsamen Nenners in der israelischen Gesellschaft.

Denn die Bevölkerungsvielfalt ist erstaunlich. Die Holocaust Überlebenden von überall aus Europa, die ca. 700.000 Juden, die nach Israels Gründung aus den umliegenden arabischen Ländern vertrieben wurden, die Einwanderung aus Afrika und die großen Aliyah-Wellen aus der ehemaligen Sowjetunion haben alle dazu beigetragen. Die Bevölkerungszahl Israels hat sich in den letzten 75 Jahren ver-14-facht (im Vergleich dazu hat sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren „nur“verdoppelt).

Am liebsten hören wir jedoch die Geschichten von jenen, die freiwillig nach Israel kamen, weil sie es als ihre Aufgaben betrachten, dieses Land aufzubauen und sich mit großer Energie dafür einsetzen.

Was uns aber am allermeisten beeindruckt – und tatsächlich auch überrascht hat - ist die intensive, innige und lebendige Beziehung, die viele Juden zu Gott haben. Da uns in den säkularen, kirchlichen und freikirchlichen Kreisen, aus denen wir stammen, die Rolle und Bedeutung von Israel und dem Judentum nicht vermittelt worden war, weder als geistliche Wurzel noch für die Zukunft, waren wir implizit davon ausgegangen, dass so eine Beziehung zu Gott nur bei Christen möglich sei. Jetzt sahen wir mit eigenen Augen wie falsch diese Annahme war.

Heute weiss ich, dank dem erschütterndem Buch „Holocaust“ von Susanna Kokkonen, dass der christliche Glaube bewusst vom Judentum differenziert wurde, seit Kaiser Konstantin der Große die Anerkennung des Christentums als rechtmässige Religion einführte, sich aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Kirche ernannte und das erste Konzil im Jahre 325 einberief. Er erklärte, dass die Juden für den Tod Jesu verantwortlich wären, also betrachtete man sie als „Gottesmöder“; verdammt und der Gnade Gottes und der Menschen unwürdig. Eine weitere Lehre dieser Zeit, die „Ersatztheologie“ besagt, dass Israel seine Rolle in Gottes Plänen verspielt hätte und die Christen nun das neue Israel seien. Die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, beziehungsweise glaubten, dass Gott diesen Bund aufgehoben hätte.

Der Einfluss dieser Lehren die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Judenverfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. Hier liegt der idelogische Ursprung von Inquisition, Progromen, Kreuzzügen und Holocaust.

Eine Konsequenz daraus war, das einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Beispiele dafür sind christliche Feste, die alle ihr Äquivalent in den jüdischen biblischen Festen haben (z.B. Passah-Ostern, Schavuot-Pfingsten, Weihnachten-Chanukka) oder auch andere Bräuche: so zum Beispiel ist die jüdische Bar Mitzwa, bei der junge Erwachsene in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen werden, das Vorbild für Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe - um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Das gleiche spiegelt sich auch in der Kunst. Wer z. B. durch die Uffizien von Florenz streift, (eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt mit Werken der Malerie und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock), stellt fest, dass es aus dem Alten Testament Bilder von Adam und Eva gibt. Das nächste große Thema ist die Ankündigung von Jesu Geburt. Alles was dazwischen liegt, ist ausgeblendet.

So sind sich viele bis heute des jüdischen Erbes nicht bewusst. Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit (und die, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich jahrelang für Derek Prince Ministries gearbeitet habe), fasste es einmal so zusammen: Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes.
Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel , keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden.

Aber obwohl wir Derek Prince persönlich begegnet waren und viel von unserem Israel-Bild von seinen Worten geprägt war, mussten wir feststellen, dass auch wir Gefangene des Denkens der Kirchenväter waren. Auch wir hatten gedacht, dass die Juden verloren sein mussten, da man ja nur durch Jesus zum Vater kommen könne und übersahen dabei geflissentlich, dass Paulus in Römer 11 eindeutig sagt, dass Gott sein Volk nicht verstossen hat (Vers 1), dass er seine Gaben nicht zurück fordert und die Zusage seiner Erwählung nicht widerruft (Vers 29).

Und jetzt waren wir in Jerusalem und begegneten dem jüdischen Volk Israel erstmalig in seinem eigenen Land.

Was für uns ganz eindeutig wurde, war, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht zu erklären sind, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurück führen. Hier in Israel war Gott überall im Alltag erlebbar.

Seit über 2000 Jahren spricht die Bibel von einem lebendigen Gott, der Israel als sein Volk auserwählte und der verhieß, dies Volk nach seiner Zerstreuung wieder in das Land seiner Vorfahren zurück zu bringen und es besonders auszustatten. Dies jedoch auf einmal mit unseren eigenen Sinnen zu sehen, zu beobachten, veränderte uns.

Als wir am Ufer vom See Genezareth sassen, kam mir der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wurde, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen das, was Gott in und mit Israel tut, nicht erkennen – obwohl es ebenso offensichtlich und eindeutig ist.

Wir begannen die Bibel mit anderen Augen zu lesen. Was wir bis dahin überlesen hatten, stach jetzt deutlich hervor.

Wenn man sich vergegenwärtig, dass Jesus in Matthäus 5,17 selber gesagt hat „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“, dann kann man die Bedeutung von Israel und Jerusalem schwer überlesen.

Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein – steht in Joel 3,5

Und Sacharjia weissagt in Kapitel 8, 22: Menschen aus großen und mächtigen Völkern werden nach Jerusalem kommen, um den HERRN, den Allmächtigen, zu suchen und den HERRN gnädig zu stimmen.

Jesaja prophezeit in Kapitel 60, 2-3: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir (Zion) geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.

Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.

 

Die Bibel spricht in Sacharja 8,23 davon, dass „in jenen Tagen zehn Menschen aus Völkern mit lauter verschiedenen Sprachen einen Mann aus Juda am Rockzipfel festhalten werden und bitten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott bei euch ist“ - für uns sind diese Tage bereits angebrochen…die Beziehungen zu unseren jüdischen Freunden und die Verbindung zu Israel sind zu einer der wertvollsten Konstanten, einer Bereicherung und einer Quelle des Lernens in  unserem Leben geworden.

Davidstern grün
Flughafen Ben Gurion

„Bruchim haba'im le’Israel - Willkommen in Israel” klang die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern und das Flugzeug rollte langsam zur finalen Position. Wir sahen neugierig aus dem Fenster. Was würden wir in diesem Land, über das so viel Widersprüchliches berichtet wird und dass es vor 100 Jahren noch nicht gab, vorfinden? Ich wusste damals nicht, vor welcher lebensverändernden Erfahrung ich stand!

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