top of page

Der verborgene Segen

Die Geheimwaffe Israels

von Brigitte B. Nussbächer

Israeli flag against dark sky

Auf der Suche nach der treibenden Kraft, die dazu führte, dass Israel die Hoffnung nicht aufgab und bis heute überlebt. Was gab den Ansporn in den schwärzesten Stunden weiter zu kämpfen? Was läßt bis heute Israelis darauf vertrauen, dass es - allem Anschein zum Trotz - ein gutes Ende geben wird?

Brennende Fragen

Als ich vor Jahren damit begann, mich mit Israel zu befassen, stieß ich immer wieder auf die gleichen Fragen:


Warum hat dieses Volk 2000 Jahre lang nicht aufgegeben? Jede andere Nation, die keinen nationalen Referenzpunkt hat (wie zum Beispiel Minderheiten in ihrem Ursprungsland) wäre längst assimiliert und hätte seine Identität verloren.

Woher kam diese utopische Hoffnung, wie konnte man in einer völlig konträren Wirklichkeit überhaupt daran denken, einmal wieder in Jerusalem zu leben?

Wieso haben die Juden ausgerechnet, nachdem Millionen im Holocaust umgekommen waren und nur eine verschwindende Minderheit übrigblieb, einen eigenen Staat gegründet? Es war der Zeitpunkt der Neuzeit, an dem das Judentum am allerschwächsten war: sowohl zahlen- als auch konditionsmäßig. Was hatten denn die meisten Neueinwanderer im Gepäck, um dieses Land aufzubauen? Die furchtbaren Erinnerungen an Konzentrationslager und die lebenslangen Narben und Behinderungen, die das Leiden verursacht hatten.


Weshalb werden so viele Holocaustüberlebende sehr alt und haben eine große Familie gegründet? Hatten sie denn nicht am eigenen Leib erlebt, was für ein Albtraum das Leben sein konnte? Hatten sie denn nicht erfahren, dass es keine Sicherheit gab? Waren sie wirklich so naiv, zu glauben, dass sie inmitten der vielen arabisch-muslimischen Staaten, die nicht bereit waren, Israels Existenzrecht anzuerkennen, bestehen könnten? Es war doch nur eine Frage der Zeit, wann die nächste Vernichtungswelle käme.


Wie kommt es, dass 23% aller Nobelpreisträger jüdischen Ursprungs sind, obwohl sie doch nur 0,2% der Weltbevölkerung ausmachen? Das ist das Hundertfache ihres normal proportionalen Anteils! Wieso ausgerechnet diese Menschen, die über die Jahrhunderte von Berufsverboten daran gehindert wurden, sich frei zu entwickeln und die oft in Ghettos ausgegrenzt aufwuchsen? Wie war es möglich, dass dies Elend zu einer Explosion der Kreativität und zu solchen Triumpfen des Geistes führte?

Magnifying glass and stack of question mark wood cubes, analyze the questions, FAQs, and q

Als ich dann Israelis persönlich kennen lernte, erkannte ich auch in ihrem Leben oft das gleiche Schema. Immer wieder aufstehen als Phönix aus der Asche. Niederlagen als Sprungbrett nutzen. Sich nicht unterkriegen lassen. Bäume pflanzen für Gefallene. Immer wieder neue Aufbrüche, neues Leben entstanden auf Trümmern.


Was befähigte diese Menschen, was war das Geheimnis ihrer rational nicht erklärbaren Erfolge und Errungenschaften? Was war ihre Geheimwaffe?


Natürlich und richtigerweise kann man in allen diesen Vorkommnissen Gottes Hand und seinen Segen sehen. Aber ich war der Meinung, dass noch mehr dahintersteckte. Denn die Dinge, denen ich auf den Grund gehen wollte, waren nicht einfach Wunder. Es waren Ereignisse, bei denen die betroffenen Menschen einen hohen aktiven Anteil hatten. Welches war das Geheimnis ihrer psychischen, mentalen, physischen und intellektuellen Ausstattung? Und wieso entstand diese trotz erschwerender Rahmenbedingungen, Benachteiligungen und Leid?

Hat Leid einen Sinn?

... und „gerade außergewöhnlich schwierige äußere Situationen, geben dem Menschen die Gelegenheit innerlich über sich selbst hinaus zu wachsen! … und damit Ansatzmöglichkeiten einer anderen Wirklichkeitsgestaltung“.

Vom Sklaven zum Führer eines Großreiches

Es liegt nahe, auf die Bibel zurück zu greifen, wenn man Israel verstehen will. Und wer ist ein besseres Beispiel für eine erfolgreiche Karriere als Joseph? Er wurde der zweite Mann nach Pharao über Ägypten. Er hatte Erfolg und Einfluss: dank ihm konnte Ägypten trotz sieben erntelosen Jahren eine Hungersnot vermeiden und sogar Menschen aus anderen Völkern helfen. Vom Schafhirten und Sklaven zum operativen Führer des damaligen Großreiches. Was für ein Aufstieg! Aber zu welchem Preis?

Ab hier hören wir, dass ihm alles gelingt, weil Gott ihn segnet und dass er zum Haushälter Potiphars aufsteigt. Doch wieder schlägt das Schicksal zu. Diesmal durch eine Frau, die sich dafür rächen will, dass sie ihn nicht verführen kann. Er kommt ins Gefängnis – ohne den Hauch einer Schuld und ohne die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Das Überraschende: aus dem Jüngling, der seinem Vater alles Negative berichtete, war ein Mann geworden, der sich nicht beklagte, obwohl er allen Grund dazu gehabt hätte. Stattdessen packte er an und wurde so zum inoffiziellen Gefängnismanager. Schließlich führt ihn seine Fähigkeit, Gottes Stimme aus Träumen zu verstehen, an den Hof des Pharaos. Die Reife und Weitsichtigkeit seiner Empfehlungen ebnen ihm den Weg zur Spitze des Staates – und lassen ihn zum Retter von unzähligen Menschen, einschließlich seiner eigenen Familie, werden.


Joseph war bereit, „Verantwortung zu tragen für die rechte Erfüllung der Aufgaben, die ihm das Leben stellte“ um es mit Frankls Worten zu sagen. Die Art, wie er sein Leid trug, eröffnete ihm schließlich „die einmalige Möglichkeit zu dieser einzigartigen Leistung“.


Waren die bitteren Erfahrungen und die Enttäuschungen letztendlich die Schmiede, in der Josephs Charakter so geformt wurde, dass er später ohne Anmaßung, ohne Herablassung und ohne Rache handeln konnte – sogar seinen eigenen Geschwistern gegenüber? War dieser Höhepunkt nicht trotz sondern ausschließlich wegen dieses schmerzerfüllten Werdegangs möglich?


Und was hatte Joseph die ganzen Jahre davon abgehalten, in Selbstmitleid zu versinken und die Hoffnung aufzugeben? Was hatte ihm die Kraft gegeben, immer wieder von Neuem anzupacken und das Beste aus der jeweiligen Situation zu machen? Welches innere Wissen hatte ihn in der langen Zeit ohne menschlich sichtbare Lichtblicke angetrieben?
War Joseph ein Einzelfall? Ein Mann mit besonderen Fähigkeiten? Eine Ausnahme? Einerseits sicherlich, aber andererseits auch wieder nicht.

I am Joseph, your brother. 1) Le Sainte Bible_ Traduction nouvelle selon la Vulgate par Mm

Eine Vollwaise mit Migrationshintergrund wird Königin

Ein weiterer Schicksalsschlag. Eine Frau ohne Rechte, deren normales Los es gewesen wäre, den Rest ihres Lebens verbannt im Hause der Nebenfrauen zu leben. Doch durch ihren Liebreiz und ihre Authentizität gewann sie das Herz des Königs und wurde zur Königin.


Und schon nach kurzer Zeit sollte in ihrer Hand das Schicksal ihres ganzen Volkes liegen.

Blicken wir auf ein junges Mädchen, das fern von der Heimat, in der Fremde aufgezogen wurde. Ihr Volk, die Hebräer, waren durch König Nebukadnezar aus Jerusalem in die Verbannung verschleppt worden. So wuchs sie auf als Teil einer benachteiligten, nationalen Minderheit in Persien. Zusätzlich zu dieser Entwurzelung verlor sie auch noch beide Eltern. Eine Vollwaise mit Migrationshintergrund, die schließlich von ihrem älteren alleinstehenden Cousin aufgezogen wurde.

Aufgrund ihrer Schönheit wurde sie für den Harem des Königs ausgewählt.

Queen Esther in the Kings Court defending her people - Picture from The Holy Scriptures, O

Ungefähr 2500 Jahre später gab es niemanden in Europa, der sich einem Genozid an den Juden in den Weg stellte. Er wurde mit erschreckender Systematik und Effizienz jahrelang umgesetzt. Systematisch herbeigeführte Krankheit, Unterernährung sowie übermäßige Arbeit wurden abgelöst durch Massenerschießungen.

Danach kamen die Vernichtungslager, in denen Millionen Menschen vor allem durch Gaskammern, (in einer oft als industriell bezeichneten Form) ermordet wurden. Nazideutschland schrieb damit die dunkelste Seite der Weltgeschichte. Aber die ganze Welt unterstützte diese grauenhafte Aktion durch aktive Teilnahme oder gleichgültige Passivität.

Wie kam es dazu, dass ausgerechnet in dieser Situation die Vereinten Nationen an jenem 29. November 1947 beschließen, den verbleibenden Juden die Möglichkeit zu bieten, einen eigenen Staat zu proklamieren? Wollten sie nur die Flüchtlinge loswerden und damit die Verantwortung? Erwarteten sie ein Scheitern der Aktion?

Warum rieten sie danach den Juden davon ab, diese Chance zu ergreifen? Oder gingen sie davon aus, dass die arabischen Staaten Hitlers Holocaust zu Ende bringen würden? Damit die Judenfrage für alle Zeiten begraben war? Warum verweigerten sie Israel militärische Unterstützung und setzten sogar ein Waffenembargo durch?

UN-Resolution
Unabhängigkeitserklärung Israel

Und trotzdem entschied ein Mann, David Ben Gurion, allein, wider die Empfehlungen aller Weststaaten, trotz der Warnungen des Sowjetblocks und entgegen den Drohungen der arabischen Staaten den Schritt in die Unabhängigkeit zu wagen. Sogar gegen den Rat seiner eigenen Generäle!
Was sah dieser Mann, was die anderen nicht sahen? Auf was basierte seine Zuversicht?

Als nur ein paar Stunden nach der Proklamation 5 professionelle arabische Armeen in Israel einfielen und sich die paar Tausend Juden mit Gewehren und Granatwerfern, gegen die Zigtausende der Arabischen Liga, deren Artillerie, Panzer, Flugzeuge und Kriegsschiffe zur Wehr zu setzen versuchten, schien die finale Auslöschung der Überreste dieses Volkes besiegelt.

Doch sie gaben nicht auf! Was bewegte Holocaustüberlebende, die als menschliche Wracks in das Land gekommen waren, zur Waffe zu greifen und gegen jede menschliche Vernunft den Kampf aufzunehmen? Wieso begnügten sich die in Israel geborenen Juden, die Zabras, nicht damit, weiter als geduldete Minorität im Land zu leben, statt zu riskieren, alles zu verlieren? Was für eine Chance sahen die 650.000 gegen 150 Millionen?

Doch rund ein Jahr nach der Proklamation des Staates, hat Israel der staunenden Welt seine Überlebensfähigkeit bewiesen – wider jede Wahrscheinlichkeit. (Mehr Details zur Geschichte Israels finden Sie in den Artikeln: „Israel – die Erfüllung einer Hoffnung“ – Teil 1&2)

Wir wissen aus der Physik, wie Diamanten entstehen: im flüssigen Gestein der Erdkruste etwa 150 km unter der Oberfläche, unter unglaublichem Druck und bei über 1000 Grad Celsius verwandelt sich Kohlenstoff.

Lebensfreude

Es ist der Ausblick auf einen letztendlich positiven Ausgang, auf einen Segen, der noch nicht sichtbar geworden ist, der aber mit Sicherheit zu einem bestimmten Zeitpunkt eintreten wird. Selbst wenn man diesen Augenblick selber nicht erlebt, werden die Nächsten die Erben dieses Segens sein. Vor seinem Eintreten zu verzweifeln und aufzugeben, wäre folglich ein Beweis mangelnden Vertrauens zu Gott und würde dazu führen, dass man sich selbst des von Gott geplanten Finale beraubt.

Erstveröffentlichung: 15. Feb 2025

Deutsch: 

Englisch: 

Copyright ©  Brigitte B. Nussbächer; Abdruck nur nach vorheriger Genehmigung

Tausende Jahre später: eine Nation baut ihr Land wieder auf

Die besondere Geheimwaffe

Die bisher erläuterten Beispiele haben verschiedene Elemente gemeinsam.


Auf eindrückliche Weise ist erkennbar, dass das Leid bzw. die Art wie sie damit umgingen, diese Personen innerlich formte, stärkte und für Herausforderungen, weit jenseits ihres Vorstellungsvermögens, vorbereitete. Leid war letztlich der Nährboden ihrer späteren menschlichen Größe, ihrer Fähigkeiten und schließlich ihrer Erfolge. Damit beginnt sich der Sinn von Leid zu erschließen.


Das Zweite ist die völlige Aussichtlosigkeit der Situation. Jedes Mal war das Urteil schon gefällt, war die Vollstreckung schon teilweise vollzogen. Und doch haben diese besonderen Charaktere, im Angesicht eines scheinbar irreversiblen und unaufhaltbaren Untergangs, nicht resigniert. Es war, als würden sie zusätzlich zu dem, was alle anderen beobachten konnten, noch eine andere Realität wahrnehmen.


Als man Veteranen aus dem Unabhängigkeitskrieg fragte, wie sie sich diesen Sieg erklären konnten, war die Antwort mancher: „Es gibt einen ewigen Bund“. Doch das ist es nicht allein.

Das jüdische Glaubensverständnis lautet: „Ein Od Milvado“ (es gibt nichts anderes als ihn) und „Hakol Letova“ (alles dient zum Guten). Anders ausgedrückt: Wenn wir glauben, dass Gott die Welt regiert, dass er gut ist und dass alles unter seiner Führung geschieht, dann muss es für alles, was geschieht, einen guten Grund geben.

Man nehme das Bespiel der Kundschafter, die von Mose ausgesandt wurden, um das verheißene Land zu erkunden. Sie kamen zurück, aber nur zwei von ihnen sahen die Möglichkeit, dies Land einzunehmen. In der Konsequenz mussten das ganze Volk 40 Jahre durch die Wüste gehen, und die, die gezweifelt hatten, starben, bevor die Hebräer tatsächlich das Land betraten. Gott löste sein Versprechen ein, aber nur die Erben und die, die von Anfang an auf ihn vertrauten, erlebten dies.


Das Prinzip des verborgenen Segens lautet: Inmitten von Leid und von Ausweglosigkeit darauf zu vertrauen, dass alles seinen Sinn hat und dass dies nicht das Ende ist. Dass Gott trotz Trümmern und Asche, nein - aus Trümmern und Asche etwas Neues, Wunderbares aufbauen kann und dies auch tun wird – zu dem Zeitpunkt seiner Wahl. Und aktiv Ausschau nach diesem Ergebnis zu halten, es mit allen Sinnen zu suchen und mit allen Kräften darauf hinzuarbeiten.


Diese Geheimwaffe haben Israels Männer und Frauen immer und immer wieder mit Erfolg eingesetzt.

Israel Flagge mit Stempel

Eigene Erfahrungen

Beim ersten Hören mag dies Prinzip vielleicht einfach klingen. Doch wenn man selbst versucht es anzuwenden, erkennt man wieviel Innere Kraft und Durchhaltevermögen es erfordert. Der beharrlichste Gegner sind die eigenen Gedanken, Befürchtungen und Erfahrungen. Es ist also in erster Linie ein Kampf gegen sich selbst, eine gezielte Steuerung der Bewertung und der Interpretation dessen, was man wahrnimmt.


Das Konzept begann mich zu faszinieren. Als jemand, der keine leichte Kindheit gehabt hatte und an einer unheilbaren Krankheit litt, überlegte ich, ob ich vielleicht in meinem eigenen Leben Spuren eines verborgenen und für mich bis dahin nicht wahrgenommenen Segens finden könnte. Diese Suche wurde zu einer Offenbarung, denn plötzlich begann ich meine Vergangenheit anders zu bewerten und zu verstehen.


Ein Leben lang habe ich die Sicherheit und die Zuversicht vermisst, die Menschen begleitet, die Geborgenheit und Unterstützung in ihrem Elternhaus erleben. Die Fokussierung meines Vaters auf seine Arbeit einerseits, die fehlende Harmonie zwischen meinen Eltern und die psychische Krankheit meiner Mutter andererseits, führten dazu, dass unsere Wohnung für mich nur ein Ort war, an dem man schlief. Als die Krankheit meiner Mutter so akut wurde, dass sie nicht mehr zu Hause leben konnte, war ich mit knapp 16 Jahren auf mich alleine gestellt. Dass alle anderen Verwandten weit entfernt wohnten, verschärfte die Situation. Es war niemand verfügbar, der mir half, also musste ich alleine zurechtkommen: mit dem Alltag aber noch viel mehr mit Entscheidungen und Handlungen, die für meine Zukunft entscheidend waren. Für mich sind dies sehr dunkle, einsame Jahre gewesen.

BB

Erst als ich begann, mich mit dem jüdischen Verständnis von Leid auseinander zu setzen, begann die Frage in mir zu keimen, ob es wohl einen kausalen Zusammenhang zwischen den Mängeln meiner Kindheit und meinen späteren Erfolgen gab. Ob ich unbewusst durch diese Situation innerlich gewachsen und stärker geworden war? Es half mir, einen späten Frieden mit jener Zeit zu finden.


Auch die Tatsache, dass ich, seit ich 14 Jahre alt bin, an einer immer häufiger und intensiver werdenden Migräne leide, hat mich im Endeffekt etwas gelehrt: Den Augenblick zu genießen und mit aller Kraft zu versuchen, das Beste aus ihm zu machen, weil ich nie weiß, ob mir die kommenden Stunden gehören. Ganze Tage, die von Schmerzen zerfressen werden und die aus dem Leben gestrichen sind, schwer wie unbegrabene Leichen. Doch welche Freude, welche Dankbarkeit, was für ein innerer Jubel in den unbeschwerten Momenten. Jeder einzelne ein Fest des Lebens. Mit Staunen erkannte ich: Diese Intensität habe ich durch die Migräne gelernt.

Wie Tränen zu Diamanten wurden

Als mein Mann, Harald, 2022 eine Krebsdiagnose bekam, war es zunächst ein Schlag für uns. Schon sein Vater und Großvater waren an der gleichen Krankheit gestorben. In den kommenden Monaten waren regelmäßig chirurgische Eingriffe erforderlich, wir lebten von einem Termin zum nächsten. Im Januar, ein Jahr später, wurden wieder zwei neu gebildete Tumore entdeckt.

In den Monaten danach entdeckten wir, dass Gott in dieser Zeit unsere „Taschen gefüllt hatte“ – mit Ideen, Initiativen, der Wiederbelebung von fast vergessenen und der Entdeckung von neuen Talenten. Ich reaktivierte meine literarischen Fähigkeiten und begann über Israel zu schreiben. Die Vision einer Website für Israel entstand.

Mit minimaler externer Hilfe gelang es Harald das notwendige technische Wissen autodidaktisch zu erwerben, um die Webseite selbst bauen zu können. Alles, was wir von Israel wussten und was wir für besonders wichtig und wertvoll hielten, versuchten wir in Bildern, Geschichten und Empfehlungen für andere zugänglich zu machen.

Harald OP

Konstruktive und kreative Gedanken verdrängten die düsteren Zukunftsbilder. So schnell entwickelten sich neue Ideen, dass wir mit der Umsetzung kaum nachkamen. Wir waren glücklich und erfüllt in diesen Monaten voller Gestaltungskraft und Tatendrang und wir spürten, dass es uns gelang, unsere Tage optimal zu nutzen.

Hier finden Sie andere Artikel von Brigitte B. Nussbächer

Einen Hinweis fand ich bei Viktor Frankl, einem jüdisch österreichischen Psychologen, der mehrere Jahre im Konzentrationslager Ausschwitz verbrachte.

In seinem Buch „Trotzdem ja zum Leben sagen“, in welchem er sein Überleben schildert, schreibt er; „Wenn Leben überhaupt einen Sinn hat, dann muss auch Leiden einen Sinn haben“ ...

Young Boy Looking Up While Covering Light with his Hands Against Black Background with Cop

Weiter führt er aus: „Leben heißt ... Verantwortung tragen für die rechte Erfüllung der Aufgaben, die jedem Einzelnen das Leben stellt. Leid ist eine ganz einmalige Aufgabe und darin, wie der vom Schicksal Betroffene dieses Leid trägt, darin liegt die einmalige Möglichkeit zu einer einzigartigen Leistung“.


Leid als Nährboden, Leid als Weg - um Besonderes zu erreichen? Leid als Chance?
Das war eine ganz andere Sicht als die, die ich kannte.


In der Welt, die mich umgab, bedeutete Glück das Nicht-Vorhandensein von Leid - und Erfolg wurde verbunden mit dem ungehinderten Zugang zu Ressourcen und Optionen.


Die Hypothese des exakten Gegenteils: Mit einer ausreichenden Förderung, Bestätigung, Unterstützung und entsprechenden Selbstverwirklichungsmöglichkeiten (also einem Umfeld ohne Leid and Mangel) kann alles erreicht werden. Auf dieser Logik basieren Entwicklungsprogramme des Westens für Personen und Staaten.
Mein ganzes Leben lang hatte ich Leid gefürchtet und versucht, ihm aus dem Weg zu gehen.  Viktor Frankls Buch gab mir sehr zu denken.

Leichen KZ

1945 war der Großteil des europäischen Judentums vernichtet und fast aller Besitz geraubt. Die Überlebenden waren aus Vernichtungslagern in Flüchtlingslager verlegt worden und lebten hinter Stacheldraht, weil sie in ihren Herkunftsländern weiterhin unerwünscht waren. Es war die einsamste, bitterste Stunde seit der Vertreibung ins Exil – und die aussichtslose.


Theodor Herzls Traum von 1897, den jüdischen Staat neu zu erwecken, schien begraben unter den Bergen von Leichen, jede Initiative erstickt im Gas der Vernichtungskammern und die Hoffnung schien in den Krematorien zu Asche zerfallen zu sein.

Diamond on Black Natural Stone

Dann kam das Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023. Und die Reaktion der Weltöffentlichkeit. Die Ignoranz, die Relativierung, die Gleichgültigkeit, der Antisemitismus. Und für uns der Augenblick, öffentlich und in Person für Israel einzustehen. Unser erster Israelabend wurde - in der Brisanz der Situation - in weniger als 10 Tagen umgesetzt und katapultierte uns in eine neue Dimension: Israel ganz praktisch zu unterstützen. Bald darauf waren wir in dem verwundeten Land, trafen Betroffene, versuchten ihr Leid zu lindern und berichteten als Zeitzeugen. Der Zyklus „Verwundetes Israel“ entstand. Und eine Reihe von Folgeprojekten.


Es begann in Jerusalem im März 2023 und entstand aus Tränen, Schmerz und unglaublichem Druck von allen Seiten. Doch nie zuvor waren wir so sicher gewesen, das Richtige zu tun. So durften wir erleben, wie Tränen zu Diamanten wurden.


Wäre das alles auch ohne Haralds Diagnose entstanden oder wurde dieser Segen dadurch möglich, dass wir unser Leben aufgrund dieser Prognose auf einmal aus einer anderen Perspektive sahen? Auf jeden Fall: Im Unterschied zu meiner Kindheit, wo ich nur nachträglich Segensspuren identifizieren konnte, war es uns jetzt deutlich besser gelungen, gezielt konstruktiv mit einer schweren Situation umzugehen. Diesmal entdeckten wir den daraus entstehenden Segen ziemlich schnell.


Und stellten fest: Man kann es lernen, man kann es für sich in Anspruch nehmen, man kann darin besser werden. Der Kreis, der sich mit dem Lesen von Viktor Frankls Thesen zu Leid geöffnet hatte, begann sich zu schließen. Wir fingen an zu verstehen, dass alles, was uns geschah, tatsächlich für uns geschah. Ein völlig anderer Blickwinkel! Die hohe Kunst besteht darin, auf den noch nicht sichtbaren Segen so fest zu vertrauen, als wäre er bereits erfahrbar. Keine einfache Sichtweise. Sie erfordert alle innere Kraft und Ausdauer. Aber sie eröffnet neue Welten. Eine unsichtbare, aber ungeheuer wirksame Waffe gegen das Aufgeben.


Wie inspirierend, dass jeder Einzelne diese Geheimwaffe auch in seinem und für sein eigenes Leben einsetzen kann!

Der verborgene Segen. Foto Shutterstock

Israels ungewöhnliche Geschichte wirft viele Fragen auf. Foto Shutterstock

Kann Leid auch eine Chance sein?  Foto Shutterstock.

Joseph, erster Mann im Reich des Pharao. Foto Shutterstock

Er wurde von den eigenen Geschwistern aus lauter Missgunst als Sklave verkauft, weil er der Liebling seines Vaters war, Träume hatte, dass er ihnen überlegen sei, bevorzugt wurde und seine Brüder denunzierte, wenn sie lästerten. War das Ergebnis seiner besonderen Förderung Arroganz und Überheblichkeit, die zu Hass und fast zu seinem Tod führten?

Dieses Trauma war anscheinend ein Wendepunkt in seinem Leben.

Königin Esther spricht für ihr Volk. Foto Shutterstock

Weil Mordechai, ihr Cousin, nicht bereit war, sich vor dem Premierminister Haman wie vor einem Gott zu verneigen, beschloss dieser, alle Juden an einem einzigen Tag, dem 13. des Monats Adar, zu ermorden. Er brachte den König dazu, zu erlassen, dass die Juden ausgerottet und ihre Besitztümer zur Plünderung frei gegeben werden sollten. Verzweiflung machte sich unter den Hebräern breit. Auch bei Esther.


Würde sie den Mut aufbringen, zum König zu gehen und für ihr Volk zu bitten, auf die Gefahr hin, ihr Leben zu verlieren, weil auch sie sich ihm nur nahen durfte, wenn sie gerufen wurde? Sie tat es schließlich auf unglaublich kluge Art mit dem Ergebnis, dass die Juden, statt selber liquidiert zu werden, stattdessen mit königlicher Billigung ihre Feinde vernichten durften.


Esthers Geschichte, in der kein einziges Mal Gottes Name genannt wird, macht auf eindrückliche Weise auch die persönliche Verantwortung jedes Einzelnen deutlich. Ohne Wenn und Aber, ohne Ausflüchte. Ester hätte viele Gründe gehabt, nicht einzugreifen. Aber sie verstand, dass sie vielleicht für genau diese Situation zur Königin geworden war und dass auch sie (wie es Frankl ausdrückt) "Verantwortung trug für die rechte Erfüllung der Aufgaben, die jedem einzelnen das Leben stellt". Sie nutzte das Leid, das den Juden zugefügt werden sollte, zu einer einzigartigen Leistung und rettete ihr ganzes Volk.


Wieso war sie im Angesicht dieser absoluten Katastrophe, konfrontiert mit der Auslöschung ihres Volkes über sich selbst hinausgewachsen, statt aufzugeben? Wieso meinte sie, eine Chance zu haben, das bereits besiegelte Schicksal ihrer Nation zu wenden? Woher nahm sie die Kühnheit? Was hatte sie auf diese Aufgabe vorbereitet? Waren es die langen schweren Jahre ihrer Kindheit, in denen sie eine innere Stärke entwickelt hatte?

Holocaust: der Genozid am jüdischen Volk. Foto Shutterstock

Die UN schlägt 1947 einen unabhängigen jüdischen Staat vor. Foto Shutterstock

Ben Gurion proklamiert die Gründung des Staates Israel. Foto Shutterstock

Soldat mit Fahne

Aus dem bitteren Unabhängigkeitskrieges ging Israel trotzdem gestärkt hervor.  Foto Shutterstock

Dieser Prozess, bei dem die härtesten natürlichen Elemente dieses Planeten entstehen, die über eine unglaubliche Strahlkraft verfügen, dauert Millionen Jahre.


Waren 2000 Jahre Exil, Pogrome, Verfolgung und über 6 Millionen Tote, der Prozess, in dem eine Nation entstand, die das Land ihrer Väter wieder aufbauen konnte? Hatte die Art, wie die Betroffenen dieses Leid trugen, die "einmalige Möglichkeit zu der einzigartigen Leistung" der Gründung des Staates Israels geschaffen?

Warten auf den Segen. Foto Shutterstock

Silhouette

Worin liegt die Stärke Israels? Fotos Shutterstock.

BB groß

Ein trauriges kleines Mädchen. Foto privat

40 Jahre später. Foto privat.

Diamanten entstehen in großer Tiefe, unter enormem Druck und in der Dunkelheit. Foto Shutterstock

Es war niederschmetternd. Und wir mussten entscheiden, wieviel Raum wir der Angst einräumen wollten. Ob wir uns lähmen lassen würden von den düsteren Gedanken und Befürchtungen, die auf einmal alle Stunden und ganz besonders die Nächte überschatteten.

An dem Schabbat Abend nach der Doppeltumor Diagnose sahen wir den brennenden Kerzen zu, wie sie immer kleiner wurden, ohne dabei ihre Leuchtkraft einzubüßen und bis zuletzt ihr warmes Licht versprühten. Und beschlossen, dass wir in der uns verbliebenen Zeit, ein Fest des Lebens zusammen feiern wollten und versuchen würden, jeden Augenblick zu nutzen. Dass wir uns auf die wichtigen und wertvollen Dinge konzentrieren würden und jede Stunde dankbar genießen würden.


Die konkrete Folge dieses Entschlusses war, einen Flug nach Israel zu buchen. Diesmal wollten wir nicht während einer Rundreise neue Orte und Sehenswürdigkeiten entdecken und mehr über dies besondere Land lernen. Diesmal wollten wir eigentlich nur Zuflucht bei unserem himmlischen Vater suchen, an dem Ort, von dem er gesagt hatte, dass seine Augen und sein Herz immer da sein würden: In Jerusalem, an der Kotel (Westmauer). Und das taten wir. Über diese besondere Woche habe ich im Artikel: „Altäre der Dankbarkeit“ berichtet.

Harald 2023 nach der Operation des Doppeltumors. Foto privat

Gelände Nova Festival
Kfar Azza

Das Massaker der Hamas ließ über 1200 Ermordete zurück. Foto privat

Das Massaker der Hamas ließ viele Ruinen zurück. Foto privat

Der Funke des Überlebens

Closeup shot of beautiful sparkler burning and emitting bright sparks with copy space on b

Der Funke der Hoffnung ließ sich nicht auslöschen. Foto Shutterstock

So rundet sich aus den Geschichten der Bibel, aktuellen historischen Ereignissen und persönlichen Erfahrungen das Bild von der Geheimwaffe, die Israels Männer und Frauen immer wieder einsetzten und die sie stark und auf lange Sicht unbesiegbar machte.
Denn die ganzen Eroberer-Imperien sind gescheitert: Es ist ihnen nicht gelungen, Israel dauerhaft auszulöschen.

Auch wenn sie die Juden in alle Welt vertrieben, den Gedanken und die Hoffnung auf eine Wiederkehr konnten sie nicht auslöschen. Denn die Juden erinnern sich jedes Jahr daran, wie Gott sie aus der Hand des Pharaos und damit von der Weltmacht Ägypten befreite und wie er ihnen das Wunder von Chanukka schenkte, wo eine kleine Minderheit das Großreich der Griechen besiegte.

Und diese Erinnerung hält das Feuer der Hoffnung am Leben. Selbst der Massenmord von Millionen Juden konnte die Funken nicht ersticken. Denn es gab immer ein paar, in denen diese Hoffnung weiter glimmte, um dann erst recht aufzulodern. So überlebten sie 2000 Jahre Verfolgung, Vertreibung und Vernichtung. Nicht umsonst heißt Israels Hymne "Hatikva", Hoffnung.

Hoffnung in der Dunkelheit

Sonnenuntergang

Sehen wir Licht am Horizont? Foto Shutterstock

Es ist eine Zeit, die verwirrt. Unrecht scheint überhand zu nehmen. Der Kreis der Gegner um Israel wird immer größer und enger, die Argumente werden immer skurriler, der Hass greift um sich. Die Monate des Kampfes haben keinen Sieg gebracht, sondern scheinbar die Anzahl der Feinde vervielfacht.

Die internationale Unterstützung wird mit jedem Tag geringer. Wenn eine Region eingenommen wurde und die IDF wieder abzog, nisteten sich sofort wieder Terroristen ein.

Es scheint ein aussichtsloser Kampf zu sein, ein Kampf an 100 Fronten: In den Medien, um die Meinungen, um die Wahrheit. Genu so auf den vielfachen Schlachtfeldern: Ob am Boden des Gazastreifens, in der Luft gegen den Iran und die Hisbollah oder zu Wasser gegen die Huthi. In der Politik, bei den Geiselverhandlungen, in den internationalen Gremien, ebenso wie auf den Straßen vieler Länder, bis hinein in Freundeskreise.


Ein Zermürbungskrieg, der Gemüter aushungert und Seelen verdorren lässt. Der in seiner Ergebnislosigkeit sinnlos wirkt. Ressourcen schwinden, Erschöpfung macht sich breit.


Israel ist in der heutigen Zeit wieder gefordert, seine Geheimwaffe zu aktivieren: Das Wissen, dass alles seinen Sinn hat und inmitten von Leid und von Ausweglosigkeit darauf zu vertrauen, dass Gott trotz Trümmern und Asche, nein - aus Trümmern und Asche etwas Neues, Wunderbares aufbauen kann und dies auch tun wird – zu dem Zeitpunkt seiner Wahl. Und aktiv Ausschau nach diesem Ergebnis zu halten, es mit allen Sinnen zu suchen und mit allen Kräften darauf hinzuarbeiten. Es bedeutet, Gottes Güte, seiner Allmacht und seinen Zusagen mehr zu vertrauen als aller Logik dieser Welt und so zu handeln, als sähe man trotz der Abgründe, Hindernisse und Unmöglichkeiten bereits den zukünftigen Segen.
Das gilt auch für alle, die an Israels Seite stehen. Das gilt auch für uns!


Glauben wir den Medienberichten? Wie schätzen wir die Lage ein? Sind wir bereit aufzugeben? Oder erinnern wir uns an die dunkelsten Stunden der Geschichte und lernen daraus, dass selbst das nicht das Ende war? Dass Gott nie am Ende ist?


Für wie glaubwürdig halten wir die Aussagen der Bibel, dass Gott einen ewigen Bund mit seinem Volk geschlossen hat und dass am Ende ganz Israel gerettet wird?


Wie lange und mit welcher Konsequenz sind wir bereit an der Seite Israels zu stehen?

Fahnen UN
Gerechte der Nationen

Verurteilung Israels durch die Nationen. Foto Shutterstock

Hilfe für Israel durch die Gerechten der Nationen Foto Shutterstock

Gehören wir zu den Nationen, die sich gegen Israel wenden oder wählen wir, Gerechte der Nationen zu werden, indem wir auch während der härtesten Zeiten weiterhin zu Israel stehen?


Wenn es uns nicht gelingt, auch für uns selbst diese Geheimwaffe zu nutzen, werden wir müde werden, werden wir irgendwann an der scheinbaren Sinn- und Aussichtslosigkeit der Situation verzweifeln. Doch wenn wir es schaffen, in all dem eine Schule, einen Lernprozess zu sehen, der am Ende Israel reifer und stärker werden lässt und es zu einem Licht für alle Nationen macht, werden auch wir zusammen mit Israel erleben, wie genau dies letztendlich wahr wird.


Sacharja sagt in Kapitel 8, 23: „In jener Zeit werden sich zehn Menschen aus den verschiedensten Ländern einem Juden anschließen wollen. Sie werden ihn an seinem Gewand festhalten und bitten: ›Lass uns doch mit dir gehen, denn wir haben gehört, dass Gott auf eurer Seite ist.“


Es sind nicht alle, es sind nicht viele, aber es hat sie immer gegeben: Durch die Jahrhunderte, während der Zeit des Holocausts und auch heute. Wählen wir, zu Israel zu stehen? Man kann nicht Gott treu sein und sein Volk ignorieren. Man kann auch nicht behaupten, Gott nachzufolgen und gleichzeitig seinen Augapfel „Israel“ verletzen. Für die, denen die Aussagen des Alten Testaments noch nicht ausreichen, blicken wir zum Abschluss einmal gemeinsam in das Matthäus Evangelium, Kapitel 25. Es geht hier um das Weltgericht – der König wählt die Gerechten aus. Aufgrund welchen Kriteriums? Aufgrund dessen, was sie für seine Brüder getan haben, auch für die geringsten. Ist es wirklich schwer zu verstehen, dass seine Brüder zuallererst sein Volk, die Juden waren und sind?

Sisterly Serenity_ Embracing Israel's Flag Together

Zusammenstehen als ein Volk! Foto Shutterstock

Die Wahrheit „wer Israel segnet, wird gesegnet“ haben viele von uns schon auf manche Weise erlebt. Doch eine Konsequenz davon ist besonders beeindruckend: die, die zu Israel stehen, stehen damit auch zu Gott und werden zusammen mit Israel sein Volk sein (Sacharja 2, 14-15). Sind wir dabei?

Top Secret

Wie wir das Wunder Israel erlebt haben

von Brigitte B. Nussbächer

Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.​

Vorausgegangen war eine eher mühsame Entscheidungsfindung. Israel einmal zu besuchen gehörte zur „Allgemeinbildung“ von Christen. Trotzdem hatte es mich nicht hingezogen und die Berichte derer, die von Reisen aus Israel zurück kehrten, hatten wenig dazu beigetragen, es zu ändern. Wenn sie von den sogenannten „Heiligen“ Stätten berichteten, fragte ich mich immer, was es mir denn bringen würde, diese Ruinen oder Gedenkkirchen anzusehen. Viel mehr interessierte mich, was Gott heute in der Gegenwart erlebbar machte.

Letztlich war es dann tatsächlich auch ein anderer Gedanke, der den Anstoß zu dem Besuch gab. 2018 feierten mehrere nach dem 2. Weltkrieg gegründete Staaten ihr 70. Jubiläum – darunter auch Israel. Nachdem wir Dokumentarfilme über Indien und Pakistan zu dem Thema gesehen hatten, fragte ich mich, wie wohl Israel diese 70 Jahre genutzt hatte. Im Vergleich zu den anderen Staaten musste es ungleich schwerer gewesen sein, aus dem Nichts etwas aufzubauen.  Noch 1867 hatte Marc Twain das Land als desolat, eine stille, traurige Weite ohne Mensch, Baum und Strauch bezeichnet. Was war daraus geworden?

Und so begaben wir uns auf eine geschichtliche Studienreise, was sich im Nachhinein als Volltreffer erwies. Nie hätten wir in einem Individualurlaub so viel erfahren und kennen gelernt.

Noch während wir vom Flughafen Ben Gurion nach Tel Aviv fahren, hören wir die Entstehungsgechichte dieser Stadt, von der Parzellverlosung an ein paar Dutzend Familien nördlich der jahrtausende alten Hafenstadt Jaffa im April 1909. Diese wollten auf den Sanddünen, die der niederländische Bankier Jacobus Kann gekauft hatte, die erste jüdische Stadt der Moderne bauen. Und dann fahren wir auch schon an den ersten Hochhäusern vorbei und nach Tel Aviv hinein, welches heute (rund 100 Jahre später) die modernste und weltoffenste Metropole des gesamten Nahen Ostens ist.


Im sehr originell und lebendig gestalteten Palmach Museum in Tel Aviv erfahren wir von dem beeindruckenden Kampf des jüdischen Volkes für seine Unabhängigkeit. Und von der Vorgeschichte: als die UN 1947 beschloss, das ehemalige britische Mandat in 2 Länder aufzuteilen: ein jüdisches und einen arabisches. Von dem Protest der Araber und von dem Druck, der auf die Juden ausgeübt wurde, diese Chance nicht zu nutzen. Von der Proklamation des jüdischen Staates durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948 und von dem Angriff der 5 arabischen Länder Ägypten, Syrien, Jordanien, Irak & Libanon um Mitternacht am gleichen Tag.

Man muss sich die damalige Situation vergegenwärtigen. Ca. 650.000 Juden, viele von ihnen Holocaustüberlebende, die gerade erst das Grauen hinter sich gelassen hatten, versuchten Israel, welches als neugegründeter Staat keine Armee besaß, mit Gewehren, Maschinenpistolen und Granatwerfern gegen eine Mehrheit von 160 Millionen Arabern (ausgerüstet mit Panzern, Artillerie, Schützenpanzerwagen, Flugzeugen und Kriegsschiffen) zu verteidigen. Ein Verhältnis von 1 : 246!  Dabei wird einem die menschliche Ausweglosigkeit bewusst und dass das Überleben Israels ein Wunder ist.  Mit Tränen in den Augen verlasse ich das Museum. Jetzt verstehen wir, welch hohen Preis das jüdische Volk (nach der Auslöschung der 6 Millionen durch den Holocaust)  im Unabhängigkeitskrieg für seine Existenz bezahlt hat.

Umso mehr staunen wir über die Lebensfreude und Energie, die heute auf den Strassen Tel Avivs spürbar ist und die wir bei den Menschen, denen wir begegnen, erleben. Wir sehen die Fähigkeit dieses Volkes schnell aus dem Nichts etwas aufzubauen (sie haben weltweit die 2 höchste Anzahl von Start Ups), ihre Genialität Lösungen für scheinbar Unlösbares zu finden, wie zum Beispiel mit Wasserentsalzungsanlagen am Mittelmeer den Wassermangel zu beheben und durch computergesteuerte Tröpfchenbewässerung Plantagen in der Wüste anzubauen. Wir sind überrascht, dass Israel die zweithöchste Akademikerquote und die dritthöchste Patentquote der Welt hat und bewundern, dass 23% aller Nobelpreisträger aus diesem kleinen Volk, dass nur 0,2 % der Weltbevölkerung ausmacht, stammen.

Wir erleben ihre Kreativität sowie ihren Sinn für Kunst und Schönheit. Israel hat gemessen an der Anzahl der Einwohner die meisten Museen und Orchester per capita und liegt auf Platz 2, was die Anzahl der verlegten Bücher anbelangt. Wer hier ein Konzert besucht, wird einem sehr hohen künstlerischen Niveau und großer Begeisterung des Publikums begegnen.

Wir streifen durch Städte, Orte, Landschaften und sind beeindruckt: unglaublich was hier in nur 70 Jahren geschaffen wurde. Dort wo sich früher Sümpfe, Sanddünen und wüstes Land befanden, haben Pioniergeist, Innovation und Durchhaltevermögen überall blühendes Leben entstehen lassen. Israel ist das einzige Land, in dem die Wüste rückläufig ist, Millionen Bäume wurden gepflanzt und entlang der Autobahn blüht tropfenbewässerter Oleander. Aus dem armen Agrarstaat ist ein Land mit führender Technologie und einer starken Währung entstanden. Israel gehört heute zu den 10 einflussreichsten Ländern der Welt und liegt auch im Happiness Ranking vorne. (Siehe Grafik unten)

Je mehr Israelis wir persönlich kennen lernen, desto mehr schätzen wir ihre konstruktive Einstellung, ihre Dynamik und ihren Mut – trotz ihres bis heute andauernden Ringens um ihr Recht auf Existenz.

Wir hören von den Kämpfen im 6 Tage Krieg 1967, von der Befreiung der Altstadt Jerusalems und wie die Juden wieder Zugang zu ihrer heute heiligsten Stätte, der Westmauer, erlangten.

Und von dem „Tal der Tränen“, so benannt nach der anfänglich auswegslosen Situation im Jom Kippur Krieg 1973, als die syrische Armee mit über 1.000 Panzern im Norden Israels einbrach und von weniger als 200 Panzern auf israelischer Seite aufgehalten wurde.

Wir sehen den Wiederaufbau nach wiederholter Zerstörung, sei es nun die Hurva Synagoge in Jerusalem oder die Siedlungen in Gush Etzion.

 

Und wir nehmen wahr, dass selbst die häufigen Terroranschläge in dieser Gegend den Menschen weder die Lebensfreude noch den Lebensmut rauben können, auch wenn sie schmerzliche Verluste zu beklagen haben.

Wir erleben die „Wächter Israels“, die jungen Soldaten und Soldatinnen auf den Straßen, die für Sicherheit sorgen und lauschen den Zeugnissen von sogenannten „einsamen“ Soldaten, die freiwillig ihr Heimatland, Verwandte, Freunde und ein angenehmes Leben verlassen, um in der IDF (Israels Defence Forces) zu dienen. Tatsächlich spielt die IDF auch eine wichtige Rolle bei der Integration und der Schaffung eines gemeinsamen Nenners in der israelischen Gesellschaft.

Denn die Bevölkerungsvielfalt ist erstaunlich. Die Holocaust Überlebenden von überall aus Europa, die ca. 700.000 Juden, die nach Israels Gründung aus den umliegenden arabischen Ländern vertrieben wurden, die Einwanderung aus Afrika und die großen Aliyah-Wellen aus der ehemaligen Sowjetunion haben alle dazu beigetragen. Die Bevölkerungszahl Israels hat sich in den letzten 75 Jahren ver-14-facht (im Vergleich dazu hat sich die Weltbevölkerung in den letzten 50 Jahren „nur“verdoppelt).

Am liebsten hören wir jedoch die Geschichten von jenen, die freiwillig nach Israel kamen, weil sie es als ihre Aufgaben betrachten, dieses Land aufzubauen und sich mit großer Energie dafür einsetzen.

Was uns aber am allermeisten beeindruckt – und tatsächlich auch überrascht hat - ist die intensive, innige und lebendige Beziehung, die viele Juden zu Gott haben. Da uns in den säkularen, kirchlichen und freikirchlichen Kreisen, aus denen wir stammen, die Rolle und Bedeutung von Israel und dem Judentum nicht vermittelt worden war, weder als geistliche Wurzel noch für die Zukunft, waren wir implizit davon ausgegangen, dass so eine Beziehung zu Gott nur bei Christen möglich sei. Jetzt sahen wir mit eigenen Augen wie falsch diese Annahme war.

Heute weiss ich, dank dem erschütterndem Buch „Holocaust“ von Susanna Kokkonen, dass der christliche Glaube bewusst vom Judentum differenziert wurde, seit Kaiser Konstantin der Große die Anerkennung des Christentums als rechtmässige Religion einführte, sich aus politischen Gründen zum Oberhaupt der Kirche ernannte und das erste Konzil im Jahre 325 einberief. Er erklärte, dass die Juden für den Tod Jesu verantwortlich wären, also betrachtete man sie als „Gottesmöder“; verdammt und der Gnade Gottes und der Menschen unwürdig. Eine weitere Lehre dieser Zeit, die „Ersatztheologie“ besagt, dass Israel seine Rolle in Gottes Plänen verspielt hätte und die Christen nun das neue Israel seien. Die Kirchenväter vor und nach diesem ersten Konzil verleugneten den ewigen Bund zwischen Gott und den Juden systematisch, beziehungsweise glaubten, dass Gott diesen Bund aufgehoben hätte.

Der Einfluss dieser Lehren die seit über 1700 Jahren im Umlauf sind, ist erschreckend tiefgreifend. Im Grunde wurde hier schon die Legitimation für Judenhass und Judenverfolgung geschaffen, für Verleugnung und Ignoranz. Hier liegt der idelogische Ursprung von Inquisition, Progromen, Kreuzzügen und Holocaust.

Eine Konsequenz daraus war, das einerseits bei Übersetzungen versucht wurde, die Hinweise auf das Judentum auszulassen und andererseits bei vielen christlichen Themen der jüdische Ursprung nicht erwähnt wurde. Beispiele dafür sind christliche Feste, die alle ihr Äquivalent in den jüdischen biblischen Festen haben (z.B. Passah-Ostern, Schavuot-Pfingsten, Weihnachten-Chanukka) oder auch andere Bräuche: so zum Beispiel ist die jüdische Bar Mitzwa, bei der junge Erwachsene in die Gemeinschaft der Gläubigen aufgenommen werden, das Vorbild für Kommunion/Konfirmation/Jugendweihe - um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Das gleiche spiegelt sich auch in der Kunst. Wer z. B. durch die Uffizien von Florenz streift, (eines der berühmtesten Kunstmuseen der Welt mit Werken der Malerie und Bildhauerei von der Antike bis zum Spätbarock), stellt fest, dass es aus dem Alten Testament Bilder von Adam und Eva gibt. Das nächste große Thema ist die Ankündigung von Jesu Geburt. Alles was dazwischen liegt, ist ausgeblendet.

So sind sich viele bis heute des jüdischen Erbes nicht bewusst. Derek Prince, ein Bibellehrer unserer Zeit (und die, die mich schon lange kennen, wissen, dass ich jahrelang für Derek Prince Ministries gearbeitet habe), fasste es einmal so zusammen: Wir stehen tief in der Schuld des jüdischen Volkes.
Ohne dieses hätte die Gemeinde keine Patriarchen, keine Propheten, keine Apostel , keine Bibel und keinen Erlöser. Wenn uns all das fehlen würde, was gäbe es dann noch, was uns das Heil bringen könnte? Alle Nationen der Erde verdanken das Wertvollste an ihrem geistlichen Erbe den Juden.

Aber obwohl wir Derek Prince persönlich begegnet waren und viel von unserem Israel-Bild von seinen Worten geprägt war, mussten wir feststellen, dass auch wir Gefangene des Denkens der Kirchenväter waren. Auch wir hatten gedacht, dass die Juden verloren sein mussten, da man ja nur durch Jesus zum Vater kommen könne und übersahen dabei geflissentlich, dass Paulus in Römer 11 eindeutig sagt, dass Gott sein Volk nicht verstossen hat (Vers 1), dass er seine Gaben nicht zurück fordert und die Zusage seiner Erwählung nicht widerruft (Vers 29).

Und jetzt waren wir in Jerusalem und begegneten dem jüdischen Volk Israel erstmalig in seinem eigenen Land.

Was für uns ganz eindeutig wurde, war, dass die Gründung und das Überleben dieses Staates, seine schnellen Fortschritte und Errungenschaften, der Lebensmut und die Kraft, die man in so vielen Menschen in Israel beobachten kann, rational und menschlich nicht zu erklären sind, sondern auf eine besondere Energiequelle und Kraft zurück führen. Hier in Israel war Gott überall im Alltag erlebbar.

Seit über 2000 Jahren spricht die Bibel von einem lebendigen Gott, der Israel als sein Volk auserwählte und der verhieß, dies Volk nach seiner Zerstreuung wieder in das Land seiner Vorfahren zurück zu bringen und es besonders auszustatten. Dies jedoch auf einmal mit unseren eigenen Sinnen zu sehen, zu beobachten, veränderte uns.

Als wir am Ufer vom See Genezareth sassen, kam mir der Gedanke, dass Juden vorgeworfen wurde, Jesus nicht erkannt zu haben – obwohl doch das, was um ihn herum geschah, offensichtlich und eindeutig war … Und dass heute viele Christen das, was Gott in und mit Israel tut, nicht erkennen – obwohl es ebenso offensichtlich und eindeutig ist.

Wir begannen die Bibel mit anderen Augen zu lesen. Was wir bis dahin überlesen hatten, stach jetzt deutlich hervor.

Wenn man sich vergegenwärtig, dass Jesus in Matthäus 5,17 selber gesagt hat „Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen“, dann kann man die Bedeutung von Israel und Jerusalem schwer überlesen.

Denn auf dem Berge Zion und zu Jerusalem wird Errettung sein – steht in Joel 3,5

Und Sacharjia weissagt in Kapitel 8, 22: Menschen aus großen und mächtigen Völkern werden nach Jerusalem kommen, um den HERRN, den Allmächtigen, zu suchen und den HERRN gnädig zu stimmen.

Jesaja prophezeit in Kapitel 60, 2-3: Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir (Zion) geht auf der HERR, und seine Herrlichkeit erscheint über dir. Und die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanz, der über dir aufgeht.

Wir haben in Israel mit eigenen Augen wahrgenommen, wie Gott zu seinem Volk steht. Wir haben anhand von Fakten und Tatsachen gesehen, wie die Aussagen der Bibel Realität werden und wir haben überall im heutigen Israel Gottes in Erfüllung gehende Verheißungen erlebt.

 

Die Bibel spricht in Sacharja 8,23 davon, dass „in jenen Tagen zehn Menschen aus Völkern mit lauter verschiedenen Sprachen einen Mann aus Juda am Rockzipfel festhalten werden und bitten: Wir wollen mit euch gehen, denn wir haben gehört, dass Gott bei euch ist“ - für uns sind diese Tage bereits angebrochen…die Beziehungen zu unseren jüdischen Freunden und die Verbindung zu Israel sind zu einer der wertvollsten Konstanten, einer Bereicherung und einer Quelle des Lernens in  unserem Leben geworden.

Davidstern grün
ELAL

„Bruchim haba'im le’Israel - Willkommen in Israel” klang die Stimme des Piloten aus den Lautsprechern und das Flugzeug rollte langsam zur finalen Position. Wir sahen neugierig aus dem Fenster. Was würden wir in diesem Land, über das so viel Widersprüchliches berichtet wird und dass es vor 100 Jahren noch nicht gab, vorfinden? Ich wusste damals nicht, vor welcher lebensverändernden Erfahrung ich stand!

bottom of page